Aby Warburg, Porträt-Foto um 1925, digital koloriert © picture alliance/akg-images

Aby Warburg: Hamburgs berühmter Büchersammler

Stand: 13.09.2021 16:36 Uhr

Am 13. Juni 1866 wurde der jüdische Kunstwissenschaftler Aby Warburg in Hamburg geboren. Seine "Kulturwissenschaftliche Bibliothek" gilt als eine der bedeutendsten Buchsammlungen in Europa.

von Michael Marek

"Hamburger im Herzen, Hebräer von Geblüt und Florentiner der Seele" - so hatte er sich gegenüber Freunden immer wieder beschrieben. Bis heute gehört Aby Warburg zu den wichtigsten europäischen Kunstwissenschaftlern. International berühmt machte den 1866 in der Freien und Hansestadt Hamburg geborenen Bankiers- und Kaufmannssohn die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg, kurz KBW genannt.

Warburgs Bibliothek - ein intellektuelles Zentrum

Der Mnemosyne Atlas in der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg. © Fine Art Images Foto: Fine Art Images
So sah der historische Bildatlas "Mnemosyne" in der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg aus.

Am 1. Mai 1926 wurde Warburgs Lebenswerk mit einer Rede des Philosophen Ernst Cassierer eingeweiht. Noch zu Warburgs Lebzeiten galten die Büchersammlung und die Bibliothek mit dem berühmten ovalen Lesesaal als intellektuelles Zentrum der Weimarer Republik. Im Warburg-Haus in der Heilwigstraße 116 in Eppendorf verkehrten Wissenschaftler wie Ernst Cassirer und Erwin Panofsky. Auffällig war dabei die Dominanz jüdischer Gelehrter.

"Keines der maßgeblichen jüdischen Institutsmitglieder war praktizierender Jude", erinnert sich Charles Hope, Kunsthistoriker und ehemaliger Direktor des Warburg Institute in London. "Ihr Milieu vermittelte diesen Wissenschaftlern bestimmte Werte. Das würde sicher niemand leugnen. Meiner Meinung nach haben die jüdischen Wissenschaftler nicht geglaubt, dass ihr Judesein großen Einfluss auf ihre Gelehrsamkeit gehabt hätte."

Ein zarter Melancholiker

Finanziert hatte Aby Warburg sein Lebenswerk durch das Bankhaus seiner Familie und seines in die USA ausgewanderten jüngeren Bruders Max. Gleichzeitig arbeitete Aby Warburg als Kulturhistoriker, Privatgelehrter und Forscher. Freunde und Zeitgenossen beschrieben ihn als zarten Melancholiker und Hypochonder, der sich zeitweilig in psychotherapeutische Behandlung begab.

"Warburg selbst war ja ein komplexer Charakter, aber Warburg war ein großer Gelehrter, mit einem Sinn für seine Sendung", beschrieb ihn der verstorbene Kunsthistoriker und Warburg-Biograf Ernst Gombrich: "Warburg hat versucht, sein System der Kulturwissenschaft an der Aufstellung der Bibliothek zu exerzieren. Er hat besonders in der Wissenschaft immer einen Übergang gesehen, einen Fortschritt von der magischen Einstellung zur rationalen Einstellung. Und so ist die Bibliothek auch heute noch aufgestellt."

Bibliothek wurde nach London gebracht

Ihren legendären Ruf behielt die Kulturwissenschaftliche Bibliothek auch nach Warburgs Tod am 26. Oktober 1929. Bis die Machtübernahme der Nationalsozialisten den Fortbestand der KBW gefährdete und ihre Emigration nach London erzwang. Heute gehört die Bibliothek unter ihrem neuen Namen "The Warburg Institute" weiterhin zu den wichtigsten geisteswissenschaftlichen Buchsammlungen Europas.

Aby Warburg, Porträt-Foto um 1925, digital koloriert © picture alliance/akg-images
AUDIO: Zeitzeichen: 13. Juni 1866 - Geburtstag von Aby Warburg (15 Min)

Dieses Thema im Programm:

Rund um den Michel | 12.09.2021 | 18:20 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Sachbücher

Porträt

Hamburger Geschichte

Mehr Geschichte

Das Passagierschiff "Cap Arcona" © Carl Müller & Sohn, Hamburg-Altona / Stadtarchiv Neustadt

#everynamecounts: Infos zu "Cap Arcona"-Überlebenden digitalisieren

Freiwillige sind aufgerufen, Infos einer historischen Kartei zu digitalisieren. Beim Untergang der "Cap Arcona" und der "Thielbek" starben 1945 rund 7.000 Menschen. mehr

Norddeutsche Geschichte