Pressefotorgrafen nehmen Elvis Presley am 2. Oktober 1958 bei seiner Ankunft in der US-Militärkaserne in Friedberg in Empfang. Der "King of Rock 'n' Roll" war einen Tag zuvor in Bremerhaven von Bord gegangen. © picture alliance / AP | STR

Als Elvis nach Deutschland kam

Stand: 02.10.2023 00:00 Uhr

Am 1. Oktober 1958 kam der King of Rock 'n' Roll über Bremerhaven nach Deutschland, um seinen Militärdienst abzuleisten. Für anderthalb Jahre blieb Elvis - ein Wendepunkt in vielerlei Hinsicht. Und eine immer noch kuriose Zeit.

von Ocke Bandixen

Gleich dreimal versichert der King an diesem für seine Fans denkwürdigen und heiß ersehnten Mittwoch, wie glücklich er sei: endlich in Deutschland. Um 8.46 Uhr legt der Truppentransporter, die "USS General Randall", an der Columbuskaje in Bremerhaven an. Wenig später stapft Rekrut Elvis Presley in Uniform die Gangway herunter. Schulmädchen, klassenweise, begrüßen den King. Ein Reporter von Radio Bremen wundert sich: "Was ist denn nun so gut an Elvis?" Antwort: "Alles! Wie der sich bewegt, so vor und zurück", "Der singt das eben so, wie die Jugend das haben will", "Das bringt einen eben in Ekstase!"

Auf eine Gesangseinlage warten die Elvis-Fans vergeblich

Elvis guckt, winkt. Und singt nicht. "Ich glaube, das wollen die gerade nicht", murmelt er dem Reporter zu. Macht nichts. Er ist glücklich, hier zu sein. Sagt er. Und dann geht es weiter mit dem Zug Richtung Hessen, Zielort Friedberg. Auf den Zug hat jemand "Wellcome to Germany, Elvis Presley" gepinselt. Welcome - peinlich, mit zwei l. Naja.

Elvis wird patriotisch, bescheiden und brav

Rock'n'Roll-Star Elvis Presley winkt in die Menge, als er am 1. Oktober 1958 in Bremerhaven als US-Soldat in den Zug steigt. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS Foto: BRUEGGEMANN
Der Deutschland-Aufenthalt soll den "wilden Mann" Presley etwas zähmen.

Ein Jahr zuvor hat Elvis Presley seinen Einberufungsbescheid bekommen. Für den aufgehenden Stern eigentlich eine Katastrophe: zwei Jahre Militärdienst? Und die Karriere? Sein Manager Thomas Andrew "Colonel Tom" Parker schlägt das Angebot aus, seinen Schützling wie andere Unterhalter irgendwo in einer nachrangigen Sondereinheit in den USA unterzubringen. Im Gegenteil: Er will den Militärdienst nutzen, um aus dem wilden Mann, dem Jugendverderber Elvis für das konservative Amerika einen guten Jungen zu machen - patriotisch, bescheiden, brav. Sogar die Tolle muss ab. In der Folge wird der ehemalige Bürgerschreck aus Memphis von immer größeren Teilen des amerikanischen Publikums anerkannt.

Der US-amerikanische Musiker Elvis Presley (undatiertes Archivbild). © picture alliance/dpa/UPI Foto: UPI
AUDIO: 1956 - als Elvis der King wurde (29 Min)

Der Rock 'n' Roll ist in dieser Zeit dem Tode nahe, so scheint es: Die Zeit des Aufruhrs, des Aufbruchs - vorbei. Chuck Berry ist im Knast, Little Richard lässt sich zum Priester weihen. Jerry Lee Lewis wurde fallen gelassen, weil er seine minderjährige Cousine geheiratet hat. Buddy Holly stürzt ein Jahr später mit dem Flugzeug ab. Und Elvis ... dient bei einem Panzerbataillon.

Elvis-Inszenierung für die Öffentlichkeit

Der amerikanische Rock'n Roll Sänger Elvis Presley (r.) gibt am 10.04.1959 beim Tag der Offenen Tür der 3rd Armored Divion in den Ray Barracks in Friedberg jungen Besuchern Autogramme. © picture-alliance / dpa Foto: UPI Steiner
Elvis steht in Deutschland in der Öffentlichkeit und gibt bereitwillig Autogramme.

Aber der clevere "Colonel" Parker schaukelt das Ding schon: Er füttert eine hungrige Öffentlichkeit mit immer neuen Geschichten, Fotos, Begegnungen des jungen GIs Elvis. Vieles ist geschönt und inszeniert. Tatsächlich wohnt Elvis erst in einem Hotel, dann in einer Villa in Bad Nauheim, gemeinsam mit Freunden, seinem Vater und seiner Großmutter. Er haut am Wochenende auf den Putz, wie sich später zum Beispiel die Kessler-Zwillinge erinnern, die damals im Lido in Paris tanzen.

Claus-Kurt Ilge und Elvis Presley 1958 © privat
AUDIO: Die 50er: "Rock Me!" (11/12) (33 Min)

Amphetamine und Priscilla ändern alles

Elvis Presley und seine frisch angetraute Ehefrau Priscilla Beaulieu posieren nach der Trauung am 1. Mai 1967 in Las Vegas für das Hochzeitsfoto. © picture-alliance / dpa Foto: Bert Reisfeld
Am 1. Mai 1967 heiraten Priscilla und Elvis Presley in Las Vegas.

Und noch zwei Dinge treten in Elvis' Leben, die es nachhaltig ändern: Amphetamine, die er beim Militär bekommt. Sie werden an Soldaten ausgegeben, damit diese unter anderem auf Manövern länger durchhalten können. Und Priscilla Beaulieu, seine spätere Frau, die damals allerdings erst 14 Jahre alt ist und deren Stiefvater ebenfalls in Deutschland stationiert ist. Er lernt sie im September 1959 auf einer seiner Partys kennen. Elvis verspricht Priscillas Eltern, dass er sie heiraten wird, wenn sie volljährig ist. Die Hochzeit findet schließlich am 1. Mai 1967 in Las Vegas statt.

Abstieg oder Anfang?

Am 1. Oktober 1958 warten etliche Fans sehnsüchtig auf die Ankunft von Elvis Presley, der in Bremerhaven als US-Soldat ankommt. In der Bildmitte ist der spätere "Trio"-Sänger Stephan Remmler zu sehen. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS Foto: Brueg
Am 1. Oktober 1958 warten etliche Fans sehnsüchtig auf die Ankunft von Elvis Presley in Bremerhaven.

Im Frühjahr 1960 kehrt der King dann zurück in die USA - und spielt jahrelang in Kino-Schnulzen mit. Wild sind inzwischen andere. Beginnt mit seiner Zeit in Deutschland also sein Abstieg?

Für die Mädchen am Kai in Bremerhaven fängt damals erst alles an: Elvis, der King of Rock 'n' Roll. In Deutschland. Kaum zu glauben. "Aber von hier aus könnt ihr ihn ja gar nicht richtig sehen!", sagt der Reporter an jenem ersten Oktober noch. "Ach, wenn ich nur seinen rechten Arm sehe, dann bin ich schon glücklich", antwortet eins der Mädchen voller Sehnsucht und Freude.

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NDR 1 Niedersachsen | Popschnack | 28.03.2021 | 18:00 Uhr

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