Unsere Geschichte
Samstag, 03. Oktober 2020, 02:30 bis
03:15 Uhr
Ende 1989, nach dem Mauerfall, existiert die DDR zwar noch auf dem Papier, aber in der Realität ist die Diktatur längst besiegt. Erich Honecker, bisher Staatsratsvorsitzender und mächtigster Mann im Land, wird abgesetzt und angeklagt wegen Hochverrats.
Wohin mit Erich und Margot Honecker?

Während Honecker nach einer Operation in der Berliner Klinik Charité liegt, löst seine Frau Margot, einst gefürchtete Volksbildungsministerin, auf Regierungsanweisung den Wohnsitz in der Funktionärssiedlung Wandlitz auf. In der Berliner Wohnung ihrer Tochter Sonja können die Honeckers aus Sicherheitsgründen nicht einziehen: Zu viele haben offene Rechnungen mit dem alten System. Wohin also mit dem Ex-Staatsratsvorsitzenden und der Ex-Ministerin?
Unterschlupf in Lobetaler Pfarrhaus provoziert Kritik
Die Honeckers drohen die berühmtesten Obdachlosen der DDR zu werden. Überraschend signalisiert die evangelische Kirche Unterstützung. Im Pfarrhaus des brandenburgischen Lobetal, 40 Kilometer nordöstlich von Berlin, räumen Pastor Uwe Holmer und seine Frau Sigrid zehn Wochen lang, vom 30. Januar bis zum 3. April 1990, die Kinderzimmer ihrer Söhne Traugott und Kornelius für die Honeckers.
Die Holmers, die als Christen stets Repressalien des SED-Regimes ausgesetzt waren, sehen sich mit dem Unverständnis der Bevölkerung und Kritik aus den eigenen Reihen konfrontiert. Kirchenaustritte werden gemeldet, eine Welle von Protest-Briefen schwappt ins Pfarrhaus, internationale Presse, aber vor allem aufgebrachte DDR-Bürger belagern den Gartenzaun. Wut, Rache und Volkszorn drohen zu eskalieren.
Zeitzeugen berichten
Der Film "Der Feind in meinem Haus - Honecker in Lobetal" ist eine Geschichte von Vergebung und Menschlichkeit in einer politisch aufgeheizten Situation. In ausführlichen Interviews berichten Zeitzeugen von dieser wohl ungewöhnlichsten Wohngemeinschaft Deutschlands. Politiker Manfred Stolpe (damals im Vorsitz Bund Evangelischer Kirchen) beschreibt die Hilflosigkeit der Behörden. Ehemalige Parteigenossen der SED bekennen, dass ihnen die Courage fehlte, Honeckers aufzunehmen. Polizist Uwe Westen (damals Leiter des zuständigen Volkspolizeikreisamts) schildert die Brisanz der Situation, das gestürzte Staatsoberhaupt schutzlos im Pfarrhaus unterzubringen.
Allen Beteiligten ist klar, dass die Wende, die friedliche Revolution ein blutiges Ende hätte finden können ohne die persönliche Größe des evangelischen Pastors Uwe Holmer. Doch im Rückblick sagt er schlicht: "Wenn uns einer um Asyl bittet, dann sind wir von unserem Glauben verpflichtet, ihn aufzunehmen."
- Redaktionsleiter/in
- Eric Friedler
- Produktionsleiter/in
- Angelika Brix
- Autor/in
- Thomas Beyer
- Autor/in (Drehbuch)
- Silke Schütze
