Das Denkmal-U-Boot U995 und das Marine-Ehrenmal stehen am Strand in Laboe. © NDR

Zeitreise: Ein U-Boot für Laboe

Sendedatum: 13.03.2022 19:30 Uhr

Aus der Kriegswaffe der Nazis ist heute ein Mahnmal geworden: Vor 50 Jahren wurde U 995 als technisches Denkmal in Laboe (Kreis Plön) aufgestellt.

von Karl Dahmen

Das Denkmal-U-Boot U995 steht am Strand in Laboe. © NDR
Blick auf das Gelände des U-Boot-Ehrenmals in Laboe.

Das Wetter war nicht besonders schön in Laboe an diesem 13. März 1972, erinnert sich Karl-Christian Fleischfresser. Aber er und seine Freunde hatten alle schulfrei. Der Rektor erlaubte der ganzen Schule an den Strand zu gehen und beim großen Ereignis dabei zu sein. Dafür fiel der Unterricht aus. Denn wann konnte man schon erleben, dass ein echtes U-Boot auf den Strand gehoben wird? Der Vater von dem damals 14 Jahre alten Kalli, wie sie ihn in Laboe nennen, war Hafenmeister und Strandvoigt. In diesen Funktionen musste er die 500 Meter lange Fahrrinne beobachten, die extra für die Aktion ausgebaggert wurde. Zunächst gab es zwei ergebnislose Versuche: Erst war die ausgebaggerte Fahrrinne nicht tief genug und dann war zu viel Wind. Beim dritten Anlauf schließlich schafften es die beiden großen Schwimmkräne, das U-Boot an den Strand und auf den befestigten Liegeplatz zu bringen. Der war gleich neben dem Laboer Marineehrenmal, in dem an die toten Seeleute und Matrosen aller Nationen gedacht wird.

Ein todbringendes Kriegsschiff

Das U-Boot war nicht irgendein U-Boot: U 995 hatte im Zweiten Weltkrieg mehrere tödliche Feindfahrten hinter sich gebracht. Das Boot hatte fünf Schiffe versenkt, die mehr als 130 Seeleute mit in den Tod rissen. Mehr als 60 Meter ist es lang, sechs Meter breit und an die 50 U-Bootfahrer bildeten die Besatzung. Nach dem Krieg erbeuteten es die Norweger in Trondheim. Dort sollte es in einer Werft neu ausgerüstet werden. Die Skandinavier setzten U 995 nun selbst ein. Unter dem Namen "Kaura" fuhr es vor allem als Schulschiff für die eigene Marine. Junge norwegische NATO-Soldaten wurden nun auf dem ehemaligen deutschen Kriegsschiff ausgebildet. 1962 wurde "Kaura" stillgelegt und drei Jahre später übergaben die Norweger das Boot an den NATO-Partner Bundesrepublik Deutschland - mit der Auflage, es zu einem Museumsschiff zu machen.

Ein unwillkommenes Geschenk

Eine historische Aufnahme zegt das Denkmal-U-Boot U995 am Strand in Laboe. © NDR
Vor 50 Jahren wurde U 995 als technisches Denkmal in Laboe aufgestellt.

Aber die deutschen Marinestädte, die als Standort in Frage kamen, sperrten sich. Das U-Boot war inzwischen ein alter Kahn, die Norweger haben es lange gefahren und es war klar, dass eine Restaurierung viel Geld kosten würde. Zunächst wurde es im Kieler Arsenal aufbewahrt. Dort im Wasser dümpelte es vor sich hin. Gräser und Blumen bewuchsen das Oberdeck, während die Politiker überlegten, was sie mit dem unwillkommenen Geschenk machen konnten. Eines aber war klar, verschrotten kam nicht in Frage, denn das würden die Norweger den Beschenkten übelnehmen. Eine zeitlang hieß es, das "Deutsche Museum" in München möchte U 995 gerne aufstellen. Aber die Münchener stellten die Bedingung, dass das Schiff kostenlos nach Bayern gebracht wird und das der Bund auch das U-Boot grundsanieren sollte. Das kam aber nicht in Frage.

U 995 wird zu einem technisches Museum

Ein älterer Herr mit Bart steht vor dem Denkmal-U-Boot U995 am Strand in Laboe. © NDR
Karl-Christian Fleischfresser war damals dabei, als das U-Boot auf den Strand gehoben wurde.

Schließlich kaufte der Deutsche Marinebund U 995, restaurierte es und stellte es am 13. März 1972 direkt neben dem Laboer Ehrenmal als technisches Museum und Denkmal auf. Seitdem haben es mehr als 12,5 Millionen Menschen besucht. Mit den Eintrittsgeldern konnten die Kosten für das Aufstellen von fast 900.000 D-Mark abgetragen werden. Jährlich besuchen inzwischen an die 125.000 Menschen das Boot: Interessierte, Soldaten und natürlich vor allem Touristen.

Mahnmal gegen den Krieg

Für die Verantwortlichen ist U 995 heute ein Mahnmal, das an die Schrecken des Krieges erinnert. Einmal erleben, wie es ist, in ständiger Angst zu leben, vor gegnerischen Kriegsschiffen entdeckt und Ziel für Wasserbomben zu werden: Vielen Besuchern stand nach dem Betreten des U-Bootes oftmals der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Von 30.000 aktiven U-Bootfahrern im Zweiten Weltkrieg haben nur etwa 4.000 Seeleute überlebt. Von den 859 Booten, die auf "Feindfahrt" ausgelaufen sind, gingen 757 verloren. Mit der gesamten Besatzung an Bord sind 429 untergegangen. Meist waren das junge Matrosen, verführt durch die Nazi-Propaganda. Auch an sie erinnert das Denk- und Mahnmal am Laboer Strand.

Weitere Informationen
Dampflokomotive aus dem 19. Jahrhundert. © dpa - report Foto: Votava

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 13.03.2022 | 19:30 Uhr

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