Unerwünschte Recherchen - Wie ertappte Politiker auf eine Panorama-Enthüllung reagieren
20 Bundestagsabgeordnete bekommen derzeit Fragebögen zu ihrer Zweitwohnung. Es sind die 20 Abgeordneten, bei denen Panorama in der letzen Sendung herausgefunden hat, daß sie weder in Berlin gemeldet sind, noch für ihre Wohnung Zweitwohnungssteuer bezahlen, z.B. Volker Beck, Oswald Metzger und Heiner Geißler.
Panorama fragt:
Zahlen Sie Zweitwohnungssteuer?
"Nein ich bin nicht gemeldet, ich habs schlichtweg verpennt. Beschäftigt euch mit was anderem, das ist alles in Ordnung."
Nach unseren Unterlagen sind sie aber noch nicht gemeldet in Berlin.
"Das geht Sie gar nichts an, das geht die Finanzbehörde was an."
Politiker in Erklärungsnöten. Was ganz einfache Bürgerpflicht ist, hatten die Abgeordneten einfach unterlassen. Reue zeigten die wenigsten. Im Gegenteil: Nach der Panorama-Sendung reagierten einige Parlamentarier eher erbost. So schrieb Heiner Geißler: " Der gesamte Beitrag war rechtswidrig. ... Die Sendung war nicht nur rechtlich, sondern auch journalistisch unverantwortlich."
Heiner Geißler beschwerte sich vor allem darüber, dass Panorama von den Meldebehörden Auskunft bekommen hatte. Dabei ist dies ein rechtlich ganz normaler Vorgang, festgesetzt im Melderechtsrahmengesetz. Beschlossen von den Bundestagsabgeordneten selbst: Jedermann hat das Recht auf Auskunft.
Auch den CDU Abgeordneten Willy Wimmer hatte Panorama in der letzten Sendung befragt: Wir haben beim Einwohnermeldeamt gefragt, da sind sie nicht verzeichnet.
"Das ist richtig."
Warum nicht?
"Ich muß das nachtragen."
Haben Sie schon Zweitwohnungssteuer gezahlt?
"Die müssen wir dann zahlen."
Sie haben ein Jahr keine Zweitwohnungssteuer gezahlt?
"Nee, komm..."
Auch er fühlte sich belästigt und beschwerte sich nach der Sendung - schriftlich. Der ertappte Abgeordnete bezeichnete die Fragen als "Überfall, dessen Hinterlist kaum noch zu übertreffen ist" Das Vorgehen von Panorama sei "mediale Wegelagerei". Doch anstatt das Versäumnis einzugestehen, versuchten die Abgeordneten lieber ihren Fehler zu legalisieren. Sie wollen die Zweitwohnungssteuer nicht bezahlen und sie deshalb für sich abschaffen. Begründung: Ihr angeblich besonderer Status. Die Bundestagsspitze sollte Schützenhilfe leisten. Sie ließen ein hauseigenes Gutachten erstellen. Das sollte klären, ob die Abgeordneten nicht von der Steuer befreit werden könnten. Doch die Experten kamen zu einem anderen Schluß. Zum Leidwesen der Abgeordneten.
Dazu Eckart von Klaeden (CDU), Mitglied des Ältestenrates " Das Ergebnis des Gutachtens war, dass die Zweitwohnungssteuer formell und materiell verfassungsgemäß ist. Daran hatte ich auch keinen Zweifel. Die Frage, ob sie sinnvoll ist oder nicht, steht auf einem anderen Blatt." Im Klartext: Die Abgeordneten müssen weiterhin Zweitwohnungssteuer bezahlen.
Auf dem Berliner Meldeamt stellt Panorama eine neue Anfrage: Welche Abgeordneten sind noch immer nicht ordnungsgemäß angemeldet? Doch die Behörde darf angeblich die vorliegende Antwort nicht rausgeben. Ein klarer Rechtsbruch.
Dazu Dr. Gerhard Michael, Fachanwalt für Verwaltungsrecht: "Die Meldestellen sind natürlich nicht verpflichtet, von heute auf morgen zu springen. Wenn es aber fertig ist, dann haben Sie Anspruch auf diese Auskunft und die darf ihnen nur aus den gesetzlich zugelassenen Gründen versagt werden. Die Person muß darlegen, dass sie für Leib, Leben und Gesundheit oder andere wichtige Rechtsgüter Gefahren drohen. Das muss sie grundsätzlich selber machen und in dem Fall darf die Auskunft dann auch verweigert werden."
Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit? So brisant sollen Panorama Recherchen sein? Zuständig und verantwortlich für das Meldeamt ist der Berliner Innensenator Eckart Werthebach. Doch zu einem Interview ist er nicht bereit. Er behauptet, das Bundestagspräsidium wolle eine grundsätzliche Auskunftssperre für alle Abgeordneten.
Doch eine solche Auskunftssperre kann es nur für die geben, die gemeldet sind. Aber genau das waren viele Abgeordnete ja eben nicht.
Günter Brinker, Bund der Steuerzahler: "Da sieht man mal wieder den Grad der Verwöhnung und den Grad des Irrsinns. Die Abgehobenheit der Politiker ist grenzenlos, kann ich da nur sagen. Es wird geboten, dass sie wieder mit normalem Maß messen und wir werden vielleicht weitere Verfassungsklagen führen müssen, um sie wieder auf ein normales Maß zurückzuführen."
Die Zweitwohnungssteuer beträgt je nach Größe der Wohnung etwa 1000 DM pro Jahr. Ein vergleichsweise geringer Betrag. Die Parlamentarier bekommen ihn sogar im Rahmen ihrer Aufwandsentschädigung vom Bundestag bezahlt. Warum also diese Aufregung?
Bericht: Anja Reschke, Dietmar Schiffermüller
Kamera: Luca Zamai
Schnitt: Ulrike Dumeier, Marina Ravn