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Bosnien und Herzegowina – Der raue Süden

Donnerstag, 13. Oktober 2022, 21:00 bis 21:45 Uhr
Sonntag, 16. Oktober 2022, 15:15 bis 16:00 Uhr

Im Herzen Europas überrascht eine wenig bekannte Welt mit spektakulären Landschaften. Eine von Wasser geprägte Region, vielfältig, wild und von rauer Schönheit. Bosnien und Herzegowina liegt im Westen der Balkanhalbinsel. Geografisch besteht das Land aus der Region Bosnien im Norden, die den Großteil des Staatsgebiets einnimmt, und der kleineren Region Herzegowina im Süden.

Stjepan Grad © NDR/micafilm/Dado Ruvić Foto: Dado Ruvić
Stjepan Grad ist die Ruine einer mittelalterlichen Festungsanlage oberhalb von Blagaj.

Das felsige Relief des Karsts dominiert den Süden des Balkanlandes. Kraftvolle Flüsse formen seit Millionen von Jahren die zerklüftete Landschaft der Herzegowina. Sie graben Schluchten durch die Steinmassive des Dinarischen Gebirges, überfluten Tiefebenen, bilden Seen. Eine dieser Karsttiefebenen ist das Livno-Feld. Es ist nicht nur das größte Feuchtgebiet des Landes, sondern auch das größte, regelmäßig überschwemmte Karstfeld der Welt. Etwa 700 Wildpferde leben auf den Hochplateaus, die sich über diese einzigartige Landschaft erheben. Die Vorfahren der frei lebenden Tiere waren Arbeitspferde, die vor mehr als 50 Jahren ausgesetzt wurden. Die Pferde überlebten die harten Winter, überstanden Angriffe der Wölfe. Ihre Population ist über die Jahre immer weiter gewachsen und inzwischen eine Attraktion. Seit seiner Kindheit ist der Filmemacher und Fotograf Marin Mamuza von den bosnischen Mustangs fasziniert. Heute setzt er sich auch für ihren Schutz ein.

Sickerflüsse sind ein einzigartiges Naturphänomen

Ramsko jezero © NDR/micafilm/Dado Ruvić Foto: Dado Ruvić
Der Ramsko jezero ist ein Stausee der Rama.

Eine weitere Besonderheit der herzegowinischen Karstlandschaft sind die Flüsse mit ihren Kalktuffbarrieren. Die unzähligen Wasserfälle, die über sie hinwegstürzen, sind ein einzigartiges Naturphänomen. Ebenso die zahlreichen Sickerflüsse, die plötzlich im felsigen Grund verschwinden, durch unterirdische Kanäle weiterbrausen, um nach einigen Kilometern wieder kraftvoll die Oberfläche zu durchbrechen. Der bekannteste und imposanteste Sickerfluss der Herzegowina ist der Trebižat. Neun Mal verschwindet und taucht er, unter neuen Namen, wieder auf. Als Trebižat bildet er auch die spektakulären, 120 Meter breiten Kravica-Wasserfälle. In regelmäßigen Abständen untersuchen die Naturschützer Marlena Cukteraš und ihre Kollegen Tierarten, die am Grund des Trebižat leben. Sie geben ihnen Hinweise über die Qualität des Wassers. Der Einsatz der Pestizide auf den umliegenden Feldern ist eine große Gefahr für sein Ökosystem. Daher wollen die Naturschützer für fünf Flussabschnitte den Status eines Naturparks erkämpfen.

Nicht nur die beeindruckende Natur, auch die Kultur mit westlichen und orientalischen Einflüssen machen Bosnien und Herzegowina einzigartig. Das Wahrzeichen der Herzegowina ist die Stadt Mostar mit ihrer steinernen Brücke Stari Most. Die "Alte Brücke" wurde im 16. Jahrhundert gebaut und 1993 im Krieg zerstört. Seit 2004 verbindet ihr weißer Bogen wieder die beiden Flussufer. Doch die Animositäten zwischen den katholischen Kroaten auf der einen und den muslimischen Bosniaken auf der anderen Seite des Flusses leben auch 30 Jahre nach dem Krieg noch fort.

Das malerische Städtchen Pocitelj

Weniger bekannt, aber um so malerischer ist das Städtchen Pocitelj. Die Osmanen machten es Ende des 15. Jahrhunderts zu einer der modernsten Städte der Region. Die Vorfahren von Jadranka Dizdar sind vor 500 Jahren in den Ort über dem Fluss Neretva gezogen und wurden seine Stadtwächter, dizdari genannt. Ihr Nachname Dizdar erinnert an die ehrenhafte Aufgabe ihrer Stammväter. Jadranka ist die Letzte aus der Dizdar-Familie, die noch in Pocitelj wohnt. Inzwischen verdient die Tierärztin ihren Lebensunterhalt mit Obstverkauf an Touristen.

Holz ist das Gold des Landes

Im oberen Lauf ist die Neretva von dichten Wäldern eingerahmt. Bosnien und Herzegowina gehört zu den waldreichsten Ländern Europas. Holzverarbeitung ist der wichtigste Wirtschaftszweig und Holz das "Gold" des Landes. Orhan Nikšic ist mit Holz aufgewachsen. In vierter Generation fertigt seine Familie Möbel nach alter Holzschnitzertradition an, die inzwischen auch auf der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit steht. Seitdem Orhan und sein Bruder Adem die Firma von ihrem Vater übernommen haben, stellen sie in Handarbeit auch moderne Möbelkollektionen her, mit denen sie die internationale Designwelt begeistern.

Im Hinterland der Adria liegt der Naturpark Hutovo blato. Das Sumpfgebiet ist eines der größten Überwinterungsgebiete und eines der bedeutendsten Naturreservate für Sumpfvögel in Europa. Einmal im Jahr führt Nenad Spremo eine Beringungsaktion durch, um die Art und Anzahl der Vogelpopulationen, die hier verweilen, festzustellen.

Der raue Süden Bosniens und Herzegowinas: ein einzigartiger Naturraum, den es noch zu entdecken gilt.

Autor/in
Mirjana Momirovic
Autor/in (Drehbuch)
Kamera
Reiner Bauer
Dado Ruvic
Schnitt
Ralf Streese
Sprecher/in
Oliver Brod
Musik
Sonia Petkova
Ton-Ingenieur
Cornelius Rapp
Redaktion
Ralf Quibeldey
Produktionsleiter/in
Tim Carlberg