Stand: 23.02.2019 11:12 Uhr

Die wichtigsten Fragen zu "Was atmest du?"

Viele Menschen im Norden wollen wissen, wie gut die Luft bei ihnen ist. Wir haben mithilfe der NDR Nutzerinnen und Nutzer die größte Luftmessaktion Norddeutschlands gestartet. Was haben wir bei "Was atmest du?" genau gemessen? Wo haben wir gemessen? Wie haben wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewählt? Diese und andere wichtige Fragen haben wir gesammelt und beantworten sie hier.

Worum geht es bei der Aktion "Was atmest du"?

Die Luftqualität wird in Norddeutschland, wie überall in Deutschland, von den Behörden überwacht. Im Norden messen sie an 84 Stationen die Schadstoffbelastung der Luft. Neben Stickstoffdioxid wird dort unter anderem auch Feinstaub gemessen. Das behördliche Messnetz ist allerdings grob gestrickt.

Wir wollten wissen, wie gut die Luft im Norden ist - und zwar nicht nur an den offiziellen Luftmessstationen. Deshalb haben wir die Nutzer des NDR in verschiedenen Fernseh- und Hörfunk-Sendungen sowie auf NDR.de und sozialen Plattformen dazu eingeladen, sich an unserer Aktion "Was atmest du?" zu beteiligen.

Gut 5.000 Menschen haben sich daraufhin beworben. Sie alle wollten herausfinden, wie die Luft vor der Tür beziehungsweise bei ihnen vor Ort ist. An Hunderten von Punkten in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen haben wir dann einen Monat lang (im November 2018) Stickstoffdioxid gemessen.

Was wurde gemessen?

Wir haben bei der Messaktion ausschließlich Stickstoffdioxid (kurz NO2) gemessen. Der als gesundheitsschädlich geltende Stoff entsteht bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe (etwa Öl, Gas, Holz) - in Städten vor allem durch Dieselautos. Der gesetzliche Grenzwert für Stickstoffdioxid liegt in der EU bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (μg/m3) im Jahresmittel. Er folgt damit dem Richtwert der Weltgesundheitsorganisation.

Einige Lungenärzte behaupten, Stickstoffdioxid sei gar nicht so schädlich. Der Grenzwert sei wissenschaftlich nicht fundiert. Aber die weitaus meisten Experten widersprechen ohnehin. Es gebe keinen Grund, Stickstoffdioxid oder den Grenzwert anders zu bewerten als bisher.

Wie wurde gemessen?

Gemessen haben wir mit speziellen Kunststoffröhrchen, sogenannten Passivsammlern. Diese sind innen mit einem absorbierenden Stoff beschichtet. Nachdem das Messröhrchen "aktiviert" wird, wird das in der Luft enthaltene Stickstoffdioxid auf der Absorbtionsschicht gesammelt, ohne dass dafür weitere technische Geräte erforderlich sind. Deshalb ist diese Messmethode auch von Laien durchführbar. Die verwendeten NO2-Passivsammler des zertifizierten Umweltlabors Passam in der Schweiz entsprechen dem wissenschaftlichen Standard.

Die Teilnehmer der Aktion haben von uns eine genaue Anleitung zum richtigen Einsatz der Passivsammler erhalten. Sie haben die Messröhrchen für einen Monat - im November 2018 - an Straßen, Autobahnen, Kreuzungen und Flüssen aufgehängt. Am Ende des Messzeitraums haben die Teilnehmer die Geräte zusammen mit einem Messprotokoll an uns zurückgeschickt.

Wie wurden Teilnehmer und Messpunkte ausgewählt?

Die Bewerberinnen und Bewerber hatten angegeben, wo sie wohnen und auch, warum sie gern an der Aktion teilnehmen würden. Unser Hauptauswahl-Kriterium waren aber geografische Gesichtspunkte: Es sollten sowohl die großen Städte als auch ländliche Regionen abgedeckt sein. Das Sendegebiet des NDR sollte also möglichst großflächig abgedeckt sein.

Außerdem wollten wir nicht nur an Orten messen, die zu den bekannten "Hotspots" der Schadstoffbelastung gehören - wie etwa die Innenstädte von Kiel, Hannover oder Hamburg.

Wo lassen sich die Ergebnisse der Messaktion nachlesen?

Das Schweizer Umweltlabor hat die Passivsammler für uns ausgewertet. Mit diesen Werten haben wir eine interaktive Karte produziert, um die Ergebnisse für jeden zugänglich zu machen. Die Punkte basieren auf Geokoordinaten, die wir aus den Adressen der Messorte errechnet haben.

Wurde nur an großen, verkehrsreichen Straßen gemessen?

Nein. Wir haben in den großen Städten gemessen, aber auch in kleineren Orten, an Durchgangsstraßen und auf dem Land. Der großen Zahl der Teilnehmer war es ein Anliegen, "vor der Haustür" die Qualität der Luft zu messen. Messpunkt war dann auch mal der Zaun in einer ruhigen Seitenstraße.

Solche Messorte sind für einen Vergleich mit stark befahrenen Straßen oder Häfen aber auch wichtig: Denn so lässt sich eher beurteilen, ob die Belastung mit Stickstoffdioxid in der Luft an Hauptstraßen und Autobahnen wirklich höher ist als in ländlichen Gegenden oder ruhigen Seitenstraßen. Am Ende haben die Teilnehmer selbst entschieden, wo sie ihr Messröhrchen aufgehängt haben.

An wie vielen Orten wurde gemessen?

Eine Hand greift nach einem Stickstoffdioxid-Messröhrchen aus Kunststoff, das neben vielen anderen steht, die auf einem Tisch aufgereiht sind. © 45 Min
Für die 1.000 Messröhrchen unserer Aktion haben sich rund 5.000 Norddeutsche beworben.

Uns standen für die Aktion 1.000 Messröhrchen zur Verfügung. Aus den gut 5.000 Bewerberinnen und Bewerbern haben wir knapp 1.000 Messorte ausgewählt. An manche Teilnehmer haben wir zwei Röhrchen verschickt. Das diente der Qualitätskontrolle unserer Messung.

Außerdem haben wir auch an ausgewählten offiziellen Messstationen Passivsammler aufgehängt. Damit konnten wir sehen, ob die Werte der Messröhrchen von den Werten der Behörden abweichen. Unsere Vergleichsmessungen lagen dicht bei den behördlichen Messungen und entsprechen den EU-Richtlinien der Messgenauigkeit, die einen Toleranzbereich von 15 Prozent erlauben.

Auch sonst hat sich gezeigt, dass die Ergebnisse unserer Messaktion in weiten Teilen ein ähnliches Bild zeichnen wie die offiziellen Luftmessstationen. Das offizielle Messnetz hilft, einen guten und realistischen Überblick über die Luftverschmutzung in Norddeutschland zu bekommen.

Nicht alle Röhrchen konnten ausgewertet werden: Manche waren zu stark verschmutzt oder beschädigt, ein kleiner Teil ist vom Messort gestohlen worden.

Wie genau sind die Messungen?

Die Methode und der Passivsammler, den wir verwendet haben, entsprechen den EU-Richtlinien in Bezug auf die Messgenauigkeit von Stickstoffdioxid in der Luft. Da das Aufhängen der Messröhrchen allen Teilnehmern selbst überlassen war, entspricht die Aktion keiner wissenschaftlichen Messung.

Allerdings haben wir unsere Aktion an Hunderten von Messorten in Norddeutschland durchgeführt. Daher bieten unsere Ergebnisse durchaus einen guten Überblick zur Belastung mit schädlichem Stickstoffdioxid in Norddeutschland.

Sie ergänzt, ersetzt aber keine offizielle Messung der Behörden, da sie nicht von Experten durchgeführt wurde. Anders als die behördlichen Messungen, die mit einem erheblich höheren technischen und finanziellen Aufwand durchgeführt werden, sind unsere Ergebnisse also nicht gerichtsfest.

Es gilt auch zu beachten, dass der gesetzliche Grenzwert von 40 µg/m3 für das Jahresmittel gilt. Wir haben jedoch nur im November gemessen, also Monatsmittelwerte bekommen.

Nach wissenschaftlichen Kriterien ist der Vergleich von Monats- und Jahresmittelwerten nicht zulässig, da die Werte wetterbedingt sehr schwanken. Das kann auch erklären, warum die Werte an den meisten behördlichen Messstationen etwas niedriger waren als im Jahresmittel.

Was sagen die Messwerte aus?

Die Ergebnisse des Umweltlabors zeigen, wie sehr die Luft in Norddeutschland im November 2018 mit Stickstoffdioxid belastet war. Es handelt sich bei den Angaben um den Durchschnittswert innerhalb des Mess-Zeitraums unserer Aktion. Der Jahresmittelwert der Stickstoffdioxid-Belastung am jeweiligen Messort kann anders aussehen. Ein Vergleich der Monatsmittelwerte der behördlichen Messstationen in Norddeutschland zeigt, dass in den meisten Regionen im November 2018 vergleichsweise niedrige Stickstoffdioxidwerte gemessen wurden.

Auch wenn die Ergebnisse eine Momentaufnahme darstellen, lässt sich doch daraus ableiten, dass die Belastung mit Stickstoffdioxid auf dem Land deutlich geringer ist als in den Ballungszentren. Außerdem hat sich deutlich gezeigt, wie sehr Schiffsabgase die Luft verschmutzen. Die meisten Schiffe haben keine Partikelfilter oder Stickoxidkatalysatoren.

Wie kann es sein, dass nebeneinander liegende Messpunkte verschiedene Werte haben?

Die Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid wird von vielen Umgebungsfaktoren beeinflusst: Wie gut ist der Ort belüftet? In einer eng bebauten Straße können Abgase weniger schnell abziehen als an einer frei stehenden Stelle, da der Wind die Abgase hier schneller verteilen kann. Die Belastung hängt eng mit dem direkten Verkehrsaufkommen zusammen.

Manche Straßenkreuzungen werden häufiger von Autos befahren als andere, aber weil der Wind direkt an Kreuzungen oft ungehinderter wehen kann, sind die Werte dort meist etwas niedriger als ein paar Meter weiter. So können schon wenige Meter einen Unterschied auch bei der Stickstoffdioxid-Belastung machen. Ein weiterer Faktor ist die Art und Geschwindigkeit des Verkehrs. Eine Einfallstraße mit viel Güterverkehr hat wahrscheinlich einen höheren Wert als eine Straße im Wohngebiet.

Was ist die Hauptquelle für Stickstoffdioxid?

Anders als Feinstaub, der auch in der Landwirtschaft entsteht, ist die Hauptquelle für Stickstoffdioxid der Verbrennungsmotor. Unsere Messungen, aber auch die von anderen zeigen, dass die Belastung mit dem Stoff stark nachlässt, je weiter entfernt von einer Straße gemessen wird.

Dieses Thema im Programm:

NDR Story | 25.02.2019 | 21:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Umweltpolitik

Luftverschmutzung

Umweltschutz

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