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Rabenväter - Wenn Papa keinen Unterhalt zahlt

Montag, 08. Oktober 2018, 22:00 bis 22:45 Uhr

Heike P. bekommt für ihre drei Kinder kaum Unterhalt von ihrem Ex-Mann. © NDR
Heike P. bekommt nach eigener Auskunft für ihre drei Kinder kaum Unterhalt von ihrem Ex-Mann.

Wenn Ehen scheitern, werden Kinder oft zur Waffe im Scheidungskampf, und es läuft nach altem Muster: Die Mutter bleibt beim Kind - der Vater sieht es bestenfalls am Wochenende. Zur zentralen Frage wird dann der finanzielle Unterhalt. Immerhin die Hälfte aller Väter in Deutschland unterstützt nach der Trennung ihre Kinder nicht mehr.

Rund 700.000 Väter (und in einigen Ausnahmefällen Mütter) sind es derzeit, die ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen. Damit die Kinder dennoch finanziell versorgt sind, springt der Steuerzahler ein und zahlt den sogenannten Unterhaltsvorschuss: derzeit rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Warum Väter nicht zahlen

Wie kann es sein, dass so viele Väter offenbar nicht in die finanzielle Pflicht genommen werden können? Welche Folgen hat es für die Mütter und die Kinder, wenn die Väter nicht zahlen? Diesen Fragen geht die Dokumentation nach. Sie fragt aber auch nach den Gründen, die manche Väter haben, den Unterhalt für ihre Kinder nicht zu zahlen. Denn da gibt es die, die wirklich nicht zahlen können, weil sie zum Beispiel keinen Job haben oder zu wenig verdienen.

Es gibt aber auch Väter, die möchten nicht nur "Zahlvater" sein, sondern ihre Kinder zu gleichen Teilen mit der Mutter betreuen. In diesem Fall ginge der Mutter allerdings der Unterhalt verloren. Bei drei Kindern wären das beispielsweise rund tausend Euro. Und spätestens dann geht der Streit um die Kinder los; nicht aus übergroßer Liebe, argwöhnen manche Väter, sondern des Geldes wegen. Einige verabschieden sich deswegen aus zermürbenden Streitereien, tauchen ab und zahlen gar nichts mehr.

So denken echte "Rabenväter"

Standpunkt eines Unterhaltsverweigerers

"Ich bin der Meinung, es ist mein gutes Recht, zu gucken, dass ich möglichst wenig zahle. Ich lote die Balance aus, nicht vor einem Strafrichter zu landen. (...) Das nennt man ein geschicktes Unterhaltsprellen, wo man geschickt auslotet: Wo liegt denn bei einer Staatsanwaltschaft die Schmerzgrenze? Und das habe ich ganz gut die letzten Jahre geschafft und werde ich auch die nächsten Jahre schaffen. Bin ich mir sicher."
Detlef Bräunig

Manche Väter sind allerdings tatsächlich Unterhaltsverweigerer. Diese Männer behaupten, sie könnten den Unterhalt nicht zahlen. Doch sie würden sich nur "arm rechnen", sagen Fachleute. Nur wenige tun das erklärtermaßen, so wie etwa Detlef Bräunig. Er hat zehn Jahre lang keinen Unterhalt für seine beiden Kinder gezahlt und zeigt sich auch vor der Kamera stolz darauf. In einem Forum gibt er Tipps, wie man sich am besten vor Unterhaltsforderungen drücken könne.

Problem: Beweislast nicht bei den Vätern und zu wenig Kontrollen

Der Staat versucht zwar, das Geld von den Unterhaltsverweigerern zurückzuholen, das gelingt aber nur in etwa 20 Prozent der Fälle. Väter müssen nicht beweisen, woher der Wohlstand kommt, in dem sie leben. So sind die Gesetze.

Und die Jugendämter, die die Unterhaltszahlungen übernehmen, stehen vor großen Problemen: Der säumige Vater muss zwar einen Arbeitsvertrag vorlegen und das Finanzamt erteilt Auskunft über das Einkommen, doch Abfragen bei der Bank nach dem tatsächlichen Kontostand oder beim Kraftfahrtbundesamt nach dem Wagen des Kindsvaters sind nicht möglich. Diese Informationen unterliegen dem Datenschutz.

Auch Arbeitsverträge lassen sich so "gestalten", dass das Einkommen auf dem Papier möglichst niedrig ausfällt. In einschlägigen Internetforen geben sich Väter Tipps und kennen alle Tricks: Manche erwirtschaften als Selbstständige ein Einkommen, das genau unterhalb des sogenannten Selbstbehalts liegt. Oder sie geben vor, arbeitslos zu sein, arbeiten aber schwarz.

Anstieg der Anträge auf Unterhaltsvorschuss

Seit einer Gesetzesänderung 2017 gibt es den Unterhaltsvorschuss bis zum 18. Lebensjahr eines Kindes. Zuvor gab es ihn nur bis zum 12. Lebensjahr. Bundesweit haben sich damit die Anträge auf die Zahlung mehr als verdoppelt. Die Jugendämter stöhnen unter der Last der Neuanträge, sie sind personell zu gering besetzt. Selbst die Kontrollen, die gesetzlich möglich wären, sind so nicht zu leisten.

Die Dokumentation lässt sowohl Väter als auch Mütter sowie Fachleute ausführlich zu Wort kommen und zeigt auf, was sich ändern müsste, damit der Unterhalt fürs Kind nicht zum Streitfall wird. Helfen könnten etwa gesetzliche Auflagen, die Paare bei der Trennung dazu zwingen, ihre Umgangs- und Unterhaltsprobleme gemeinsam zu lösen.

Redaktionsleiter/in
Jochen Graebert
Redaktion
Kuno Haberbusch
Autor/in
Rita Knobel-Ulrich
Produktionsleiter/in
Michael Schinschke

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Sozialpolitik