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Montag, 05. März 2018, 22:00 bis
22:45 Uhr
Es sind fette Jahre für die Erben, nie wurde so viel vererbt wie heute - 250 Milliarden Euro pro Jahr. Doch nicht immer gleicht das Erbe einem Sechser im Lotto, denn mehr als die Hälfte der Deutschen hat gar nichts oder nur Schulden zu erwarten. In vielen Fällen droht sogar ein Erbstreit, der manchmal sogar Familien zerstören kann. Selbst ein Testament kann davor nicht zuverlässig schützen. Schuld daran ist häufig das komplizierte deutsche Erbrecht, an dem Anwälte, Steuerberater, Erbenermittler und auch der Staat kräftig mitverdienen. Wie gerecht ist das Erben?
Deutschland, ein "erbenfreundliches Land"?
Stirbt ein Mensch, ohne dass Angehörige bekannt sind, heißt das in Deutschland noch lange nicht, dass der Staat sein Erbe übernehmen kann. Denn zuvor versuchen Erbenermittler, Verwandte ausfindig zu machen, und zwar entlang weitverzweigter Erblinien.
"Aus meiner Sicht ist Deutschland ein erbenfreundliches Land, weil es an den Blutsbanden festhält und versucht, Erben zu finden, so weit man kann, um sie in den Genuss der Erbschaft zu bringen", sagt Bernd Clasen, der seit mehr als 20 Jahren schon Erbschaften betreut und weltweit Angehörige ermittelt. Sein Geschäft kann lukrativ sein und bis zu 30 Prozent der Erbmasse einbringen. Doch ein Honorar bekommen Erbenermittler nur, wenn sie auch tatsächlich Erben gefunden haben. Für ganz entfernte Verwandte kann so eine Erbschaft wie ein unerwarteter Geldsegen sein.
Plötzlich ein neuer Letzter Wille?
Ganz anders waren die Umstände für Ilka S.: Als einziges Kind stand ihr das Erbe ihrer Eltern von etwa 200.000 Euro zu - steuerfrei. Doch die Hamburgerin kannte den Letzten Willen ihres Stiefvaters nicht. Kurz vor seinem Tod hatte der das gesamte Vermögen angeblich der Putzfrau geschenkt. Geblieben sind der Rentnerin drei Umzugskartons mit Erinnerungsstücken und ein Testament, das scheinbar nichts mehr wert ist. Mithilfe einer Anwältin versucht Ilka S. nun an ihre Erbschaft zu gelangen.
Erbschaftssteuer bei Firmenerbe an die 100 Prozent oder fast Null
Leer ausgegangen ist Kirsten Sch. aus Düsseldorf keineswegs. Doch bevor sie ihr Millionenerbe antreten konnte, musste sie zuerst das Familienunternehmen verkaufen. Eigentlich wollte sie die Firma ihres Vaters übernehmen, doch er hatte dafür einen Testamentsvollstrecker vorgesehen, der die Reinigungsfirma nach seinem Tod leiten sollte. Der Familienpatriarch traute seiner Tochter das Management wohl nicht zu. Die immensen steuerlichen Vergünstigungen von beinahe 100 Prozent gingen Kirsten Sch. und ihrer Schwester damit verloren.
Das wollte Milliardär Dirk Roßmann (69) verhindern. Er vererbte seine Drogeriekette und sein Vermögen (auf 2,6 Milliarden geschätzt) schon zu Lebzeiten seinen beiden Söhnen Daniel und Raoul. Ein geschickter Schachzug. Bleibt das Unternehmen die nächsten zehn Jahre in Familienhand, fällt so gut wie keine Erbschaftssteuer an und der Staat geht leer aus. Insgesamt kassierte der Fiskus 2014 lediglich 5,4 Milliarden Euro Erbschaftssteuer. Zum Vergleich: An Umsatzsteuern hat der Staat etwa 208 Milliarden Euro eingenommen.
Genau diesen Punkt bemängelt das Bundesverfassungsgericht in seinem aktuellen Urteil. Es hält die Verschonung betrieblichen Vermögens in Teilen sogar für verfassungswidrig, denn die Schere zwischen Arm und Reich würde damit weiter auseinandergehen.
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- Producer
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