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Männer leiden anders: Tabu Depression

Montag, 14. Januar 2019, 22:00 bis 22:45 Uhr

Allein in Deutschland erkranken jedes Jahr mehr als zwei Millionen Männer an einer Depression. Doch noch immer werden psychische Störungen bei Männern oft gesellschaftlich tabuisiert.

Anzeichen für Depression bei Männern anders

Viele Männer wollen ihr Leiden nicht wahrhaben und ignorieren die Signale. Zudem bleibt eine Depression selbst vielen Ärzten verborgen. Das liegt unter anderem daran, dass sich die Krankheit bei Männern nicht immer anhand der bekannteren Erscheinungen wie Schwermut oder Antriebslosigkeit zeigt. Stattdessen kann sie sich in Alkoholkonsum, Aggressionen, exzessivem Sport, Arbeitswut oder auch Sexsucht zeigen.

Wenn die Freude am Leben schwindet

Arthur H. (55) ist Teamleiter bei Fielmann. Um eine schweren Depression zu überwinden, lebt er ein Jahr lang allein im Wald. © NDR/b14film/R. Engelke
Arthur H. (55) ist Teamleiter bei Fielmann. Um eine schweren Depression zu überwinden, lebt er ein Jahr lang allein im Wald.

Der Film begleitet zwei Männer, die den Mut aufgebracht haben, sich ein ganzes Jahr lang mit der Kamera begleiten zu lassen. Einer von ihnen ist Arthur H. Der 55-Jährige glaubte zunächst, unter "Stimmungsschwankungen" zu leiden. Doch seinen Beruf als Teamleiter bei Fielmann konnte er irgendwann kaum noch ausüben. "Ich wurde immer aggressiver, legte mich mit Kunden und Kollegen an."

Es folgte ein sozialer Rückzug. Die Freude am Leben verschwand. "Ich wusste: Entweder steige ich aus oder ich nehme mir das Leben." Aber auch der Aufenthalt in einer psychotherapeutischen Ambulanz und die Einnahme von Tabletten brachten ihm keine Hilfe.

Persönliche Heilungssuche in Einsiedler-Auszeit

Arthur H. entscheidet sich dann für eine Auszeit und zieht als Einsiedler in den Wald. Dort trifft ihn das Filmteam und begleitet ihn bei seinem Eremitendasein. Es geht mit ihm in ein nahe gelegenes Kloster, das er regelmäßig aufsucht. In den Gesprächen mit den Mönchen hofft er, wieder Lebensmut zu finden.

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Mann mit depressiven Zügen. © colourbox Foto: marqs

Depressionen erkennen und rechtzeitig behandeln

Depressionen sind weit verbreitet, die Symptome nicht immer eindeutig. Doch die Behandlung sollte möglichst früh beginnen. mehr

Die Benediktiner sind auf die Begleitung von Männern mit Depression spezialisiert. "Frauen fällt es leichter, über ihre Gefühle zu sprechen", erklärt Bruder Josef. Bei Männern setzt der Geistliche auf Körperarbeit: Bogenschießen, Schwertkampf oder Gartenarbeit, Holzhacken, Zeichnen.

Großes Problem: Schweigen aus Scham

Die Ursachen männlicher Depression sind oft Leistungsdruck oder seelische Krisen, etwa nach Trennungen. Ein Problem ist die Scham. 50 Prozent der kranken Männer akzeptieren die Diagnose erst gar nicht. Und halten das Schweigen kaum aus: Jeden Tag nehmen sich in Deutschland 18 depressiv erkrankte Männer das Leben.

Bei besonders schweren Depressionen kann eine stationäre Behandlung ratsam sein. So ist beispielsweise Henrik R. von seinem Hausarzt in eine Klinik überwiesen worden. Dort soll der 72-jährige Rentner auch wieder lernen, sich zu bewegen. Nach dem Tod seiner Mutter hätte er sich selbst fast aufgegeben, erzählt er im Film. Auch ihn begleitet 45 Min auf seinem Weg aus der Depression.

Die Heilungschancen von Depressionen werden als hoch eingeschätzt. Voraussetzung ist jedoch, einen Arzt aufzusuchen, eine Therapie zu beginnen und sich unter Umständen auch medikamentös behandeln zu lassen. Anders als oft behauptet, machen Antidepressiva nicht abhängig.

Die wichtigsten Anlaufstellen bei Depression

  • Telefonseelsorge: anonyme, kostenlose Beratung rund um die Uhr; Tel. (0800) 111 0 111 oder (0800) 111 0 222
  • Kinder- und Jugendtelefon "Nummer gegen Kummer": kostenlose Beratung von Mo bis Sa, 14 bis 20 Uhr, Tel. 116 111. Elterntelefon: Mo bis Fr, 9 bis 11 Uhr sowie Di und Do, 17 bis 19 Uhr unter (0800) 111 05 50
  • Muslimisches Seelsorgetelefon: (030) 44 35 09 821
  • Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe: Mo, Di und Do, 13 bis 17 Uhr sowie Mi und Fr, 8.30 bis 12.30 Uhr. Tel. (0800) 334 45 33. Die Deutsche Depressionshilfe bietet einen Selbsttest sowie eine Übersicht zu regionalen Angeboten.
  • Ärztlicher Bereitschaftsdienst der Krankenkassen: 116 117.
  • Ambulanz der psychiatrischen Abteilung einer Klinik vor Ort - in jedem Fall bei Suizidgedanken.

Redaktionsleiter/in
Jochen Graebert
Redaktion
Jochen Graebert
Produktionsleiter/in
Tim Carlberg

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