Stand: 03.02.2010 17:08 Uhr

"Menschen und Schlagzeilen": Streit um Lohnerhöhung bei ver.di - Mitarbeiter verärgert

Während die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst um fünf Prozent mehr Lohn kämpft, will sie den eigenen Angestellten nur 1,5 Prozent sowie rückwirkend für 2009 eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro gewähren. Das ergaben Recherchen des NDR Fernsehmagazins "Menschen und Schlagzeilen" (Sendetermin: Mittwoch, 3. Februar, 21.10 Uhr).

Viele Mitarbeiter seien verärgert über das niedrige Angebot, sagte Dieter Krause, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender im Landesbezirk ver.di Nord, in "Menschen und Schlagzeilen". Die ver.di-Mitarbeiter forderten selbst auch fünf Prozent mehr Gehalt. Seit 2003 habe es für die ver.di-Beschäftigten keine allgemeine Lohnerhöhung mehr gegeben. "Alles, was von Herrn Bsirske in den Verhandlungen im Öffentlichen Dienst problematisiert wird, gilt auch für den Innenbereich, gilt auch für die Beschäftigten von ver.di. Wir leben nicht auf einer Insel, sondern wir sind auch Teil dieser Bevölkerung und haben die gleichen Ansprüche wie der Öffentliche Dienst, etwa was den Kaufkraftverlust angeht."

Darüber hinaus sei man enttäuscht, wie im eigenen Hause mit "einer ganz natürlichen gewerkschaftlichen Sache, nämlich Lohnforderungen" umgegangen werde: "Über Inhalte wird nicht groß diskutiert, es wird nur gesagt, dass die Kassen leer seien und es nichts zu verteilen gebe. Ich erwarte mir von einer Gewerkschaftsführung einen anderen Stil des Umgangs." Kritik kommt auch vom Vorsitzenden des Verbandes der Gewerkschaftsbeschäftigten Martin Lesch: "Nur, wenn ver.di als Arbeitgeber gegenüber den eigenen Beschäftigten mit Bröselein kommt, statt ein seriöses Angebot auf den Tisch zu legen - dann leidet da natürlich die Glaubwürdigkeit. Ich würde sogar sagen, es ist eine Katastrophe für die Gewerkschaft ver.di in ihrem öffentlichen Auftreten."

Der ver.di-Bundesvorstand verteidigte auf Anfrage des NDR sein Angebot. Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber, die für die Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat zuständig ist, sagte: "1,5 Prozent ist ein gutes Angebot. Ich finde eines, das man gut diskutieren kann." Die vom Gesamtbetriebsrat geforderten fünf Prozent mehr Lohn würden die Personalkosten um rund 8,5 Millionen Euro pro Jahr erhöhen. Das entspräche etwa 120 Vollzeitstellen für Gewerkschaftssekretäre, die nicht mehr besetzt werden könnten.

"Wie jeder Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband in einem Tarifkonflikt argumentiert der ver.di-Bundesvorstand auch, dass das Geld nicht da sei. Das stimmt aber nicht!", so der Vorsitzende des Verbandes der Gewerkschaftsbeschäftigten VGB, Martin Lesch. Nach Informationen des NDR hat die zweitgrößte Gewerkschaft Deutschlands 2008 und 2009 deutlich mehr als zehn Millionen Euro mehr eingenommen, als für den Haushalt geplant war.

Kunkel-Weber sagte dazu im NDR Interview: "Wir sind eine Gewerkschaft und unterwegs für die Interessen unserer Mitglieder und wir haben viele Pläne, vieles wollen wir tun mit unseren Beitragseinnahmen und deswegen muss man die Interessen gegeneinander abwägen. Das ist ein ganz normaler Vorgang." Sie sei optimistisch, dass man sich bald einigen werde. "Es gibt eine Forderung, es gibt ein Angebot, dann gibt es Verhandlungen und am Ende ein Ergebnis."

Am 24. Februar gehen die Verhandlungen des ver.di-Gesamtbetriebsrats mit dem Bundesvorstand in eine nächste Runde.

Zitate frei mit Quellenhinweis "Menschen und Schlagzeilen".


3. Februar 2010/RP

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