Stand: 07.11.2023 11:24 Uhr

Ärztekammer-Präsident im NDR zu Rassismus im Gesundheitswesen: „Wir dürfen nicht länger darüber hinwegsehen.“

Der Präsident der Hamburger Ärztekammer, Neurochirurg Dr. Pedram Emami, hat besorgt auf eine heute veröffentlichte Studie zu Rassismus im Gesundheitswesen reagiert. Er sehe Rassismus als ein gesamtgesellschaftliches Problem. Aber gerade im sensiblen Gesundheitsbereich dürfe eine „vielfältig zusammengesetzte Gesellschaft wie die deutsche nicht mehr über die Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen hinwegsehen“. Dies sagte Emami dem NDR.

 Die vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene, repräsentative Studie „NaDiRa Monitoringbericht 2023: Rassismus und seine Symptome” zeigt, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen mit Migrationsgeschichte im deutschen Gesundheitswesen signifikant benachteiligt werden. Untersucht wurde dies bei 21.000 Befragten, die sich selbst als Schwarze, Muslime oder asiatischer Herkunft bezeichnen.   

Hamburgs Ärztekammer-Präsident Emami betrachtet die Studie als „sehr, sehr wichtig. Ich hoffe, sie wird dazu beitragen, dass wir als Ärzteschaft, aber auch in der Breite der Bevölkerung uns dieses Problems bewusst werden.“ Nach den Ursachen gefragt, sagte Emami: „Rassismus findet sich in allen Gesellschaftsbereichen. Aber auch Mediziner sind oft eher konservative Menschen, die sich schwertun, Veränderungen zu akzeptieren und daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.“

Gerade im Zuge der Individualisierung der Medizin sollte nicht nur „auf Technik und Medikationen geblickt werden, sondern auch auf einen individuell angepassten Umgang mit den einzelnen Patienten“. Jeder Arzt lerne in der Ausbildung Kommunikation. Nun müsse eben auch interkulturelle Kommunikation gelehrt werden.

Die Ärztekammer Hamburg hatte kürzlich als erste in Deutschland eine Anti-Diskriminierungsstelle eingerichtet, die sich auch ausdrücklich an Ärztinnen und Ärzte richtet. Denn Rassismus im Gesundheitswesen, so Emami, betreffe nicht nur die besonders vulnerable Gruppe der Patienten. Er sei ebenso innerhalb des ärztlichen Kollegiums festzustellen oder zeige sich in diskriminierenden Äußerungen von Patienten gegenüber Ärzten oder Pflegekräften.

Er sei gespannt, sagte Emami, wieviel die Studie tatsächlich in Bewegung bringen könne. Denn im derzeitigen politischen Klima erwarte er eine Gegenbewegung, die versuchen werde, die darin aufgezeigten Diskriminierungsprobleme zu einem Nischenthema zu degradieren.  

Das NDR Fernsehen berichtet über das Thema in der Reihe 45Min am 13. November um 22 Uhr. Ab sofort ist die Dokumentation “Schlecht behandelt? – Rassismus in der Medizin“ auch in der ARD Mediathek zu sehen: https://1.ard.de/Rassismus-in-der-Medizin

7. November 2023/ YM

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