Stand: 18.02.2024 16:23 Uhr

Hermann Rieger: Kultmasseur und HSV-Ikone

von Hanno Bode, NDR.de
Bernd Hollerbach (l.) und Hermann Rieger © imago Foto: Claus Bergmann
Für die HSV-Stars - hier Bernd Hollerbach (l.) - war Rieger eine Vertrauensperson.

Die tiefe emotionale Bindung zu dem Verein resultierte gewiss auch aus den erfolgreichen Anfangsjahren seiner Tätigkeit. Als Rieger in Hamburg begann, erlebte der HSV seine sportlich beste Zeit. Drei Meisterschaften sowie den Sieg im Europapokal der Landesmeister (1983) und im DFB-Pokal (1987) durfte der Masseur mit dem Team feiern. Auf seiner Liege ließen sich Stars wie Felix Magath, Peter Nogly, Horst Hrubesch, Manfred Kaltz und Franz Beckenbauer - um nur einige zu nennen - behandeln. Hochbezahlte Nationalspieler, die ihren sportlichen und privaten Kummer gerne bei Rieger abluden. Sein Massageraum auf dem früheren Trainingsgelände in Ochsenzoll wurde nicht selten zum Beichtzimmer für geschundene Profis. Rieger war beim HSV der Mann für alle Fälle, ein Seelsorger mit heilenden Händen. "Er war mein bester Transfer", hat Netzer einmal gesagt.

"Dann flogen die Hühnchen durchs Hotel"

Hermann Rieger, Aleksandar Ristic und Ernst Happel (v.l.) © imago Foto: Sven Simon
Rieger (l.) feiert gemeinsam mit Aleksandar Ristic und Ernst Happel (r.) 1982 die Meisterschaft.

Rieger hat viele Trainer und Spieler kommen und gehen sehen. Mit seinen Erinnerungen hätte er etliche Bücher füllen können. An eine Autobiographie aber hat der loyale "Kneter" nie gedacht. Nur einige wenige Anekdötchen ließ er sich entlocken. So verriet er, dass während der Trainer-Ära Branko Zebec (1978 bis 1980) regelmäßig einige Akteure wegen Überbelastung "gekotzt" hätten. Dessen Nachfolger Ernst Happel wiederum hatte eine ganz andere Marotte. "Die Trainingslager durften nie weiter als 20 Kilometer von einem Kasino entfernt sein", erzählte Rieger dem "Abendblatt". Er sei dann dafür zuständig gewesen, das Geld des österreichischen Coaches zu bewachen. Ein anderer Übungsleiter ließ den Physiotherapeuten derweil ratlos zurück: Josip Skoplar. Während der kurzen Amtszeit des Kroaten (1987) sei es den Profis gestattet gewesen, bereits mittags Rotwein zu trinken. "Ich sagte, das geht doch nicht, Josip. Aber er meinte, das wäre okay. Und dann flogen beim Essen die Hühnchen durchs Hotel", erinnerte sich Rieger.

Dem Schicksal die Stirn geboten

Der Masseur selbst hat nie für Skandale gesorgt. Und doch waren es keine positiven Schlagzeilen, die 2004 über ihn in großen Artikeln zu lesen waren. Rieger erkrankte an Prostatakrebs und musste seine Tätigkeit beim HSV schweren Herzens beenden. Das Echo auf die schreckliche Nachricht war gigantisch. Aus ganz Deutschland erreichten Rieger Genesungswünsche. Er nahm den schwersten Kampf seines Lebens an und gewann ihn zunächst. Doch der Krebs kam wieder. Erneut bezwang er ihn, um nur wenig später einen weiteren Schicksalsschlag zu erleiden: 2010 starb seine Frau Petra. Der gläubige Katholik fand in dieser Zeit Halt in der Religion und wurde von seinen früheren Wegbegleitern liebevoll umsorgt.

Die Raute im Herzen

Rieger trug die Raute immer tief in seinem Herzen: "Ein Leben ohne den HSV wäre für mich undenkbar", war eines seiner Bekenntnisse zum Hamburger Club, das in Erinnerung bleiben wird. Am 18. Februar 2014 verstarb Hermann Rieger im Alter von 72 Jahren "nach langer schwerer Krankheit" in Hannover, wie der HSV mitteilte: "In Dankbarkeit und großer Anerkennung trauert der gesamte Verein um Hermann Rieger als großartigen Menschen und langjährigen Kollegen und Freund."

Trauer um Hermann Rieger beim Spiel Hamburger SV gegen Borussia Dortmund © picture alliance / Eibner-Pressefoto
Trauer um Hermann Rieger beim Spiel HSV gegen Dortmund im Februar 2014.

Noch am Vortag hatte Rieger in Abwesenheit bei der Hamburger Sportgala einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk und seinen Einsatz für krebskranke Kinder erhalten. Die Laudatio hielt Horst Hrubesch: "Er hat nie ein Tor geschossen, aber einer wie Hermann fehlt dem HSV heute", sagte der ehemalige HSV-Mittelstürmer. Der Hamburger SV flaggte vor seiner Arena halbmast, die Fans veranstalteten einen Trauermarsch, der Club lud zu einer großen Trauerfeier ins Stadion, zu der rund 3.000 Menschen kamen.

"Wir sind dankbar, dass du bei uns warst", sagte der Vorstandsvorsitzende Carl-Edgar Jarchow in seiner Rede: "Er ist eine Kultfigur geworden und ich glaube, er ist der einzige Masseur, dem so eine Gedenkfeier zuteilwird. Ich hatte immer das Gefühl, dass Hermann selbst überrascht war, wie beliebt er ist."

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 02.03.2014 | 22:50 Uhr

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