Stand: 06.02.2017 12:00 Uhr

Ruder-Trainer Adam: Eine streitbare Legende

von Andreas Bellinger, NDR.de
Karl Adam © picture-alliance/ dpa
Revolutionierte den Rudersport: Karl Adam.

Karl Adam gilt als einer der erfolgreichsten Trainer des modernen Leistungssports. Der Studienrat aus Ratzeburg revolutionierte das Rudern, führte den Deutschland-Achter 1960 und 1968 zu Olympia-Gold. Er propagierte den mündigen Athleten - und lehnte Bevormundung beim Thema Doping ab. Eine bis heute umstrittene Haltung.

Er galt als Star, aber Rampenlicht und Allüren waren seine Sache nicht. Eher scheu sei er gewesen, der Mann mit der Mütze, dem Megafon und dem Fernglas vor der Brust, erinnert sich seine Tochter Gisela: "Das Brimborium abseits der Regattastrecken mochte er nicht. Es war ihm lästig. Am liebsten hätte er sich verkrümelt." Aber Karl Adam, der Ruder-Professor, war eben ein Star. Einer, der in den 1950er- und 1960er-Jahren nicht nur seine Sportart revolutionierte. Für viele gilt Adam bis heute als "Vater der modernen Entwicklung des Leistungssports - weltweit", wie sein langjähriger Weggefährte, der Sportmediziner Paul Nowacki, sagt.

Ikone seines Sports

Wie Sepp Herberger im Fußball hat auch Adam in der Nachkriegszeit wundersame Erfolge gefeiert und ist zur Ikone seiner Sportart geworden. Noch immer wird dem 1976 gestorbenen Sturkopf gehuldigt, vor allem wenn die Rede vom Deutschland-Achter ist. Wie Herberger mit dem "Wunder von Bern" wird Adam mit dem Aufstieg des Rudersports assoziiert, der sich in sieben Titeln bei Welt- und Europameisterschaften sowie vor allem zwei Olympiasiegen seines Paradeboots in Rom (1960) und Mexiko (1968) manifestierte. Dabei hat der 1912 im westfälischen Halle geborene Pädagoge nie selbst an Riemen oder Skull ein Rennen gerudert.

"Schüler-Ruderer angedreht"

Es war eher einem Zufall zu verdanken, dass der Lehrer für Mathematik, Physik, Philosophie und Leibesübungen an der Gelehrtenschule im schleswig-holsteinischen Ratzeburg zum Mythos wurde und als einer der Ersten in die am 6. Mai 2008 gegründete "Hall of Fame" des deutschen Sports aufgenommen wurde. Adam: "Sie haben mir einfach die Schüler-Ruderer angedreht." Widerstand sei zwecklos gewesen, erzählte der damalige Studienrat.  

Ruder-Professor vom Küchensee

Der Ruder-Professor vom Küchensee stellte fortan alles in Frage, probierte vieles aus: neue Hebelverhältnisse, andere Ruderblätter, leichtere Materialien. Er erfand die verstellbaren Ausleger und das Höhentraining auf dem Silvretta-Stausee. Auch in puncto Trainingslehre experimentierte er, nahm erfolgreich Anleihe bei anderen Sportarten. Aus der Leichtathletik adaptierte er das Intervalltraining sowie Kraft- und Koordinationstraining. Selbstverständlich gehörte für ihn auch die Psychologie dazu. Vieles kannte der Boxer, der 1937 im Schwergewicht Studenten-Weltmeister geworden war, aus der eigenen Praxis. Doch vieles eignete er sich in theoretischen Studien oder auch durch empirisch-experimentelle Untersuchungen an.

Gelassen als Pädagoge

Seine Ruderer standen dabei stets im Mittelpunkt, Adam wollte sie zu Persönlichkeiten fürs Leben reifen lassen. "Er hatte die Fähigkeit, uns den Freiraum zu lassen, uns selbst zu motivieren", sagt der Olympiasieger von 1968, Dirk Schreyer, dem NDR Sportclub. Eine Anekdote aus dem Schulalltag verdeutlicht Adams Philosophie: Während Klassenarbeiten, so erzählten es Schüler später, habe Adam Zeitung gelesen und sich nicht um die Pennäler geschert. Wer Leistung erschleicht, schummelt oder täuscht, werde die Quittung und Strafe in seinem Leben bekommen, meinte er. Getreu seinem Kernspruch: "Die Struktur der Leistung ist auf allen Gebieten gleich". Nachzulesen ist dies bis heute auf dem Karl-Adam-Gedenkstein am Küchensee in Ratzeburg.

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 05.02.2017 | 23:35 Uhr

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