Stand: 02.12.2012 19:05 Uhr

Energiewende: Von Stromtrasse bis Vermaisung

Ein Maisfeld im Sonnenuntergang © NDR Foto: Brunhild Hering aus Kraak
Wind und Mais sind die Treiber der Energiewende in Niedersachsen.

Die Energiewende scheint in Niedersachsen zahlreiche überraschende Feinde zu haben: die Umweltschützer. Die, die mutmaßlich noch vor Kurzem gegen Kohlekraft- und Atomkraftwerke auf die Straße gegangen sind, bäumen sich nun gegen Windkraftanlagen, Starkstromtrassen und Biogasanlagen auf. Denn an den Windrädern sterben regelmäßig Tiere, Naturschutzgebiete müssen neuen Anlagen weichen und Anwohner von Biogasanlagen bangen um ihre Gesundheit. Doch die erneuerbaren Energien müssen ausgebaut werden - da sind sich von FDP bis Die Linke alle einig.

VIDEO: Erneuerbare Energien als Wahlkampfthema (3 Min)

Diskussion um neue Stromtrassen

Niedersachsen produziert laut Landesregierung deutschlandweit am meisten Strom aus Wind und Biogas. Um den zu verteilen, sollen bald Hunderte Kilometer neuer Trassen durch das Land gehen: nach dem Willen von CDU, SPD und Grünen vor allem Erdkabel, die verträglich für Landschaft, Umwelt und Menschen seien. Dafür sind auch die Liberalen - zumindest in der Nähe von Wohnhäusern. Deutlich weniger Trassen als geplant will Die Linke bauen und setzt voll auf eine dezentrale Versorgung.

An Land oder auf See?

Zumindest in einem Punkt sind sich alle Landtagsparteien einig: Alte kleine Windräder sollen durch leistungsstärkere ersetzt werden. Doch damit hört die Harmonie auch schon auf. Die Linke will passend zu ihrem favorisierten regionalen Versorgungsnetz vor allem Onshore-Windenergie fördern, also den Ausbau von Windkraft-Anlagen an Land. Die Grünen planen, Offshore, die Erzeugung von Windenergie auf dem Meer, zumindest nicht zu bevorzugen. CDU, SPD und FDP sehen hingegen die Offshore-Windenergie als entscheidenden Baustein, der in einer Welt der erneuerbaren Energien die Grundlast abdecken soll.

Weitere Informationen
Windkrafträder © dpa

Dossier: Windenergie in Norddeutschland

Im Mix der erneuerbaren Energien spielt Windenergie die bedeutendste Rolle. Vor allem an den Küsten im Norden Deutschlands kommt die Windenergie zum Zuge. Infos im Dossier bei NDR.de. mehr

Den meisten Parteien ist neben dem Ausbau der grünen Technologien wichtig, Energie zu sparen. Effizienz ja, verordnete Einsparung nein, sagen hingegen die Liberalen. Sie meinen, das könne Wachstum kosten.

Niedersachsen soll nicht weiter vermaisen

Menschen demonstrieren auf der Landstraße 142 zwischen Meckelsen und Sittensen gegen den geplanten Bau einer Biogasanlage. © NDR Foto: Katrin Höcherl
Immer wieder wenden sich Bürger gegen den Bau von Biogasanlagen wie hier in Sittensen. Ganze Dörfer hat das Thema schon entzweit.

Mais, Mais und Mais: Das goldene Gemüse wächst in vielen Teilen Niedersachsens in den Himmel - doch nicht für den Lebensmittelmarkt, sondern als Rohstoff für Biogasanlagen. Schäfer klagen, kein Fressen mehr für ihre Tiere zu finden. Naturschützer fürchten um den Boden, den der Mais auszehrt. Die Vermaisung des Landes ist auch allen niedersächsischen Landtagsparteien ein Dorn im Auge. Sie wollen die Monokulturen durch Fruchtfolgen ersetzen und vermehrt Reststoffe zur Stromgewinnung einsetzen. SPD, Grüne und Die Linke möchten das ins Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schreiben, CDU und FDP sich lediglich für eine Entmaisung einsetzen. Die Liberalen wollen das EEG allerdings trotzdem ändern: Neue Biogasbetreiber müssten anders vergütet werden, um die Vergoldung der Felder nicht weiter zu befördern, heißt es.

Verschiedene Ansätze bei der Solarenergie

Gold glänzend sind die Meinungen über das Solarland Niedersachsen indes nicht. Experten bescheinigen der schwarz-gelben Koalition noch viel Luft nach oben in Sachen Sonnenenergie. Trotzdem verfiel die Branche im März 2012 in Schockstrarre, als die Bundesregierung drastische Kürzungen in der Förderung beschloss. Die niedersächsische FDP steht hinter dem Beschluss. Für sie ist die Energiewende vor allem Jobmotor und da der Unterstützung würdig, "wo sie von den Bedingungen her sinnvoll" ist: Offshore und Biogas mehr, Photovoltaik weniger. Die Grünen hingegen wollen mehr bereits versiegelte Flächen für Solaranlagen nutzen, und auch die SPD sieht enormes Potenzial. Vor allem Kleinanlagen sollten weiter ausreichend gefördert werden, meint Die Linke. Und die Christdemokraten möchten dafür sorgen, dass Dachflächen leichter mit Solaranlagen bebaut werden können.

Kohlekraft? Jain danke!

Kohlekraftwerke soll es mit SPD, Grünen und Linker keine weiteren geben. Die SPD setzt zum Übergang von fossilen auf erneuerbare Energien aber ausdrücklich auf Gas. Liberale und Christdemokraten wollen außer Gas- auch neue Kohlekraftwerke bauen. "Sie sorgen für eine verlässliche Energieversorgung", schreibt etwa die CDU in ihrem Wahlprogramm.

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 02.12.2012 | 19:30 Uhr

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