Sendedatum: 11.06.2013 21:15 Uhr

Flüchtlinge: Die Stunde der Hardliner

von David Hohndorf und Julie Kurz

Ymafada hat seine Kleidung und sein Bett, einen alten Teppich und eine Decke, unter einem Busch in der Innenstadt versteckt. Das ist seit einigen Wochen seine Unterkunft. Er gehört zu den rund 300 Afrikanern, die Anfang April aus Italien kommend in Hamburg gestrandet sind. Seitdem leben die meisten von ihnen wie Ymafada auf der Straße.

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Die Männer kommen ursprünglich aus Ghana, Togo oder der Elfenbeinküste, verdienten ihren Lebensunterhalt aber in Libyen. Als dort 2011 der Bürgerkrieg ausbrach, mussten sie fliehen. Mit Müh und Not erreichten sie Italien und lebten dort zwei Jahre in überfüllten Flüchtlingslagern. Anfang des Jahres nun hat Italien viele dieser Lager geschlossen, und den Flüchtlingen Papiere und Geld gegeben, um sie zu bewegen andernorts in Europa ihr Glück zu finden.   

Nun sind die Männer in Hamburg. Und keiner kümmerte sich um die, die dort im Regen auf den Straßen lebten. Erst langsam wurde die Öffentlichkeit auf sie aufmerksam, auf sie und ihre Not. Doch die Politik lässt sie weiter auf der Straße sitzen.

Senat pocht auf die Gesetzeslage 

Nach dem Gesetz ist Italien für die Unterbringung der Männer zuständig, denn es ist das Land, in dem die Afrikaner europäischen Boden betreten haben. Und so sieht sich Hamburg weder in der Lage noch in der Pflicht den Menschen zu helfen. Und für den Notfall bietet Hamburg ja Hilfe an, meint der Hamburger Sozialsenator: "Ich lese und höre, dass Menschen krank sein sollen, da kann ich nur sagen: 112 lautet die Nummer. Und wenn ein Krankenwagen kommt, wird man in jedem Hamburger Krankenhaus aufgenommen."

Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich betont gegenüber Panorama 3 noch einmal die Gesetzeslage. Die Flüchtlinge müssten zurück nach Italien, so die Regelung gemäß des Dublin II-Abkommens der EU. Auch Menschenrechtsorganisationen immer wieder darauf hinweisen, welche teilweise haarsträubenden Verhältnisse dort in den Lagern herrschen.

"Sie landen wieder auf der Straße"

Alleine die Kirche ist bereit zur Hilfe. Seit einer Woche leben 70 Männer in der St. Pauli Kirche. Inzwischen sind weitere Gotteshäuser und sogar eine Moschee hinzugekommen. Fanny Dethloff engagiert sich bei der nordelbischen Kirche für die Flüchtlinge. Sie sieht in der Hamburger Haltung einen Verstoß gegen die Menschenrechte. Und hat Erfahrungen mit Italien-Rückkehrern: "In Einzelfällen können wir auf jeden Fall sagen, dass die nach Rom zurück zurückgegangen sind und in ein anderes Auffanglager gekommen sind. Nach vier bis sechs Wochen sind sie wieder zurück auf der Straße, so dass, wenn man das richtig begleitet, man sieht, dass das keine Lösung ist. Sie landen wieder auf der Straße, sie landen wieder in der Misere."

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 11.06.2013 | 21:15 Uhr

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