Sendedatum: 11.09.2012 20:15 Uhr

Schützende Kälte nach einem Herzstillstand

Kälte kann das Gehirn vor schlimmen Folgen eines Sauerstoffmangels schützen - das zeigen Geschichten von Menschen die ins Eis einbrachen oder unter einer Schneelawine verschüttet waren und erfolgreich wiederbelebt werden konnten – dank der Kälte ohne nennenswerte Schäden.

Kältetherapie als gezielte Abkühlung (Hypothermie) funktioniert bei Patienten nach einem Schlaganfall und bei der Behandlung von Herzinfarktpatienten, die nach einem Herzstillstand wiederbelebt wurden. Doch bislang wird die Kühlung in der Praxis nur in 30% der Fälle durchgeführt. Bei einem Herzstillstand wird das Gehirn nicht mehr genügend mit Sauerstoff versorgt und das setzt eine ganze Reihe von Reaktionen in Gang, die die Nervenzellen schädigen: Giftige Stoffwechselprodukte fluten das Gewebe, das Blut übersäuert und das Gehirn schwillt an.

Stoffwechel wird verlangsamt

Mit der Kältetherapie haben Mediziner nun die Möglichkeit, diese schädlichen Reaktionen zu reduzieren. Die Absenkung der Körpertemperatur auf etwa 33 Grad verlangsamt den Stoffwechsel, die Organe benötigen weniger Sauerstoff, bleibende Gehirnschäden werden eingedämmt. Während die bisher eingesetzten Medikamente allenfalls einzelne dieser Reaktionen stoppen konnten, regelt die Kühlung fast alle negativen Einflüsse herab. Um das Gehirn optimal zu schützen, müssen die Patienten so schnell wie möglich gekühlt werden, unmittelbar nach der Wiederbelebung, sobald das Herz wieder schlägt.

Behandlung auch im Notarztwagen möglich

Hat der Notarztwagen einen Kühlschrank mit vier Grad kalter Kochsalzlösung an Bord, kann der Notarzt die Kühlung bereits mit einer Infusion während der Fahrt beginnen. Zwei Liter kalte Infusionsflüssigkeit senken die Körpertemperatur bereits um etwa ein Grad.

Auf der Intensivstation im Krankenhaus ist eine schnellere und kontrollierte Kühlung über einen Spezialkatheter möglich, der über die Leistenvene eingeschoben wird. Ob mit einem speziellen Kühlungskatheter gekühlt wird oder über eine gekühlte Infusion ist für den Erfolg allerdings zweitrangig.

Studien belegen Wirksamkeit der Kühlung

Zwei große Studien haben die Vorteile der Kühlung eindeutig bewiesen: Während normalerweise nur jeder zehnte Patient einen Herzstillstand überlebt, sind es mit der Kühlung rund 17 Prozent.

Interviewpartner im Beitrag:

Univ.-Prof. Dr. Bernd W. Böttiger
Direktor
Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Universitätsklinikum Köln
Kerpener Straße 62
50937 Köln
Tel. (0221) 478 48 07
Fax (0221) 478 87 811

Dr. Stephan Braune, M.P.H.
Facharzt für Innere Medizin, Intensivmedizin
Klinik für Intensivmedizin
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg

Autorin des Fernsehbeitrags:
Tina Roth

Dieses Thema im Programm:

Visite | 11.09.2012 | 20:15 Uhr

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