Patientenverfügung, Brille und Stift liegen auf einem Tisch. © Fotolia.com Foto: Jürgen Hüls

Tipps für eine wirksame Patientenverfügung

Stand: 18.11.2021 17:35 Uhr

Eine Patientenverfügung regelt, was Ärzte tun dürfen, wenn der Patient nicht selbst entscheiden kann. Fertige Textbausteine mit konkreten Formulierungen helfen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Ein Unfall, ein Schlaganfall oder eine schwere Erkrankung: Die Vorstellung, nicht mehr über die eigene medizinische Behandlung entscheiden zu können, macht vielen Menschen Angst. Eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht können auf diesen Ernstfall vorbereiten. Beides ist wichtig, damit eine Person des Vertrauens für einen handeln kann, wenn man dazu selbst nicht mehr in der Lage ist. Gesetzlich ist die Patientenverfügung in Paragraf 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt.

Was ist eine Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung ist eine vorsorgliche Erklärung des eigenen Willens. Wenn der Patient nicht mehr in der Lage ist, seine Zustimmung oder Ablehnung zu bestimmten medizinischen Maßnahmen zu geben, wird das Dokument wirksam. In der Patientenverfügung beschreibt der potenziell Betroffene mögliche Situationen und die dann gewünschten oder nicht gewünschten Behandlungen. Er legt damit fest, ob er in bestimmte Untersuchungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt. Für Ärzte ist eine solche Verfügung unmittelbar verbindlich - wenn sie konkret genug und eindeutig formuliert ist.

BGH: Konkrete Anweisungen für Wirksamkeit entscheidet

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Jahr 2016 entschieden, dass pauschale Formulierungen wie "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" nicht ausreichen. Die Ausführungen in der Patientenverfügung sollten möglichst konkrete Anweisungen zu den Themen künstliche Ernährung, künstliche Beatmung, Schmerzbehandlung, Wiederbelebung, Organspende sowie zu weiteren medizinischen Fragen enthalten. Um die eigenen Wünsche nachvollziehbarer zu machen, sollte jeder ein paar zusätzliche Zeilen zu seiner persönlichen Situation aufschreiben.

Basissätze und Textbausteine für Anweisungen zur künstlichen Ernährung

Empfohlen werden Basissätze:

  • wenn ich mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde
  • oder im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden  Krankheit,
  • oder für den Fall direkter Gehirnschädigung zum Beispiel durch Unfall
wünsche ich dass ...
  • ... eine künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr begonnen oder weitergeführt wird, damit mein Leben verlängert wird.
  • ... eine künstliche Ernährung und/oder eine künstliche Flüssigkeitszufuhr nur bei palliativmedizinischer Indikation zur Beschwerdelinderung erfolgen.
  • ... keine künstliche Ernährung unabhängig von der Form der künstlichen Zuführung der Nahrung (z. B. Magensonde durch Mund, Nase oder Bauchdecke, venöse Zugänge) und keine künstliche Flüssigkeitszufuhr erfolgen.
(Textbausteine des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz als PDF-Download)

Patientenverfügung ist wirksam ohne notarielle Beglaubigung

Grundsätzlich muss eine Patientenverfügung nicht notariell beglaubigt sein. Wirksam wird sie mit der eigenhändigen Unterschrift. Die bestehende Patientenverfügung kann jederzeit geändert, ergänzt oder widerrufen werden. Detaillierte rechtliche und praktische Tipps zum Verfassen bietet die PDF-Broschüre "Patientenverfügung" des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.

Wer bietet persönliche Beratung an?

Bei diesem rechtlich und medizinisch komplizierten Thema empfiehlt sich auch eine ausführliche persönliche Beratung. Anlaufstellen sind Verbraucherzentralen mit ihren Beratungsstellen, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Hospize oder ein Arzt. Er kann erklären, welche medizinischen Folgen bestimmte Wünsche und Entscheidungen haben. Für eine persönliche Beratung muss generell mit Kosten gerechnet werden - je nach Aufwand und Länge der Beratung.

Verbraucherzentrale: Online-Tool kostenlos nutzen

Eine individuell abgestimmte Patientenverfügung lässt sich kostenlos Schritt für Schritt mit dem neuen Online-Tool der Verbraucherzentrale erstellen. Der Service "Selbstbestimmt - die Online-Patientenverfügung der Verbraucherzentralen" nutzt dabei Textbausteine des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Erklärtexte verdeutlichen die Tragweite getroffener Entscheidungen.

Vorsorgevollmacht: Person des Vertrauens benennen

Ebenso wichtig wie eine Patientenverfügung ist eine Vorsorgevollmacht. Sie bevollmächtigt eine Person des Vertrauens, Medizinern im Ernstfall die Wünsche des Patienten zu verdeutlichen und darauf zu achten, dass sie berücksichtigt werden. Die bevollmächtigte Person hat dann die Aufgabe, rechtlich den Willen des Patienten durchzusetzen.

Ohne entsprechende Vollmacht bekommen Vertrauenspersonen von Ärzten keine Auskünfte über Gesundheitszustand und Behandlung. Es ist wichtig, alle Aspekte der Patientenverfügung rechtzeitig mit der in der Vorsorgevollmacht festgelegten Person zu besprechen.

Unterschiede zur Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

Oft herrscht Unsicherheit, wie sich eine Patientenverfügung von einer Vorsorgevollmacht und einer Betreuungsverfügung unterscheidet:

  • Eine Vorsorgevollmacht erlaubt einer Person, im Namen des Vollmachtgebenden zu handeln und zu entscheiden. Es handelt sich um eine privatrechtliche Vereinbarung. Sie wird von keiner Institution geprüft oder kontrolliert.
  • Mit der Betreuungsverfügung lässt sich alternativ bestimmen, wer als rechtlicher Betreuer eingesetzt und wie die Betreuung inhaltlich gestaltet werden soll. Vorteil: Bei der rechtlichen Betreuung nimmt das Betreuungsgericht Kontrollfunktionen war und prüft beispielsweise auch vermögensrelevante Entscheidungen des Betreuers. Für besonders wichtige Angelegenheiten - wie Unterbringung - ist sogar die Zustimmung des Gerichts erforderlich. Bei der Vorsorgevollmacht hingegen besteht die Gefahr des unkontrollierten Missbrauchs.

Dokumente sollten im Ernstfall schnell auffindbar sein

Wer Vorsorge getroffen hat, sollte Ärzten und Angehörigen den Zugang zu entsprechenden Dokumenten so einfach und schnell wie möglich machen. Diese Tipps können dabei helfen:

  • Wichtige Unterlagen wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Testament in einem Notfall-Ordner zu Hause auffindbar hinterlegen
  • Kopien für Angehörige, Bevollmächtige oder auch für den Hausarzt (nach Rücksprache) anfertigen und aushändigen
  • Hinweis auf Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht oder Ansprechpartner bei sich tragen, zum Beispiel auf einem Kärtchen im Portemonnaie

Neues Gesetz: Notvertretungsrecht für Ehegatten

Ab 1. Januar 2023 tritt eine Gesetzesnovelle in Kraft, die Ehegatten das sogenannte Notvertretungsrecht ermöglicht. Auch wenn keine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht vorliegt, können Verheiratete dann Entscheidungen über die Behandlung des erkrankten Ehepartners treffen, sofern er bewusstlos oder krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, diese Entscheidungen selbst zu treffen. Das Recht zur Gesundheitsfürsorge ist auf einen Zeitraum von drei Monaten begrenzt. Nach Fristablauf wird ein gerichtlich bestellter Betreuer eingesetzt.

Weitere Informationen
Vorsorgevollmacht, Brille und Stift liegen auf einem Tisch. © Fotolia.com Foto: Jürgen Hüls

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DAS! | 01.04.2021 | 18:45 Uhr

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