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Mittelohrentzündung: Symptome, Ursachen und Behandlung

Stand: 05.03.2024 16:56 Uhr | vom Rundfunk Berlin-Brandenburg-Logo

Eine Mittelohrentzündung verursacht Symptome wie Schmerzen und Druck im Ohr. Oft leiden Kleinkinder darunter, aber auch Erwachsene können betroffen sein. Was sind Ursachen? Was hilft dagegen?

von Lucia Hennerici

Die Mittelohrentzündung gehört zu den häufigen Erkrankungen bei Babys und Kleinkindern bis etwa zum 3. Lebensjahr. Auch bis zum 6. Lebensjahr sind noch viele von der Erkrankung betroffen, allerdings kann eine akute Mittelohrentzündung (Otitis media) grundsätzlich jeden in jedem Alter treffen. Hinter der Erkrankung steckt eine Entzündung der Schleimhaut im Mittelohr. In der Regel ist die akute Mittelohrentzündung schmerzhaft, aber harmlos und binnen einiger Tage vorbei - wenn sie gut behandelt wird.

Mittelohrentzündung: Drei Fakten im Überblick

  • Mittelohrentzündungen sind zwar sehr schmerzhaft, aber grundsätzlich kein Grund zur Panik - in den meisten Fällen heilen die Entzündungen ohne Folgeerkrankungen aus.

Was ist eine Mittelohrentzündung?

Eine Mittelohrentzündung kann durch Viren oder Bakterien ausgelöst werden - in jedem Fall entzündet sich die Schleimhaut im Mittelohr und in benachbartem Gewebe. Weil das Mittelohr hinter dem Trommelfell liegt und dessen Schleimhaut die Gehörknöchelchen umgibt, können Hammer und Amboss sich - je nach Schwellung bei der Mittelohrentzündung - nur noch eingeschränkt bewegen. Das ist der Grund für die typischen Symptome: Druck im Ohr, oft starke Ohrenschmerzen (Otalgie) und vermindertes Hörvermögen (dumpfes Hören/Schallleitungsschwerhörigkeit).

Eine Mittelohrentzündung tritt in den allermeisten Fällen im Zusammenhang mit einer bestehenden Atemwegserkrankung auf: Viren oder Bakterien wandern während einer Erkältung oder Nasennebenhöhlenentzündung vom Nasenrachenraum über die sogenannte Ohrtrompete (Eustachische Röhre) bis zum Mittelohr. Seltener setzen sich auch Zahnentzündungen oder Kieferentzündungen bis ins Mittelohr fort.

Die Ohrtrompete ist eine Verbindung, die der Belüftung des Ohres dient - und sie wird nun gestört. In der Folge schwillt die Schleimhaut im Mittelohr an der Paukenhöhle und in der Ohrtrompete an. Folge: Die Belüftung wird noch mehr eingeschränkt. Bakterien oder Viren finden so guten Nährboden und es kann sogar zu Flüssigkeitsansammlungen (Sekret) kommen. Weil sich das Sekret in der Paukenhöhle im Mittelohr ansammelt, wird das auch Paukenerguss genannt.

In schweren Fällen - auch im Zusammenhang mit Rachenmandel-Entzündungen - muss manchmal die Flüssigkeit per Trommelfellschnitt abgesaugt werden. Ist die Flüssigkeit sehr zähflüssig, kann ein Paukenröhrchen zum Einsatz kommen, um das Mittelohr zu belüften. Das Paukenröhrchen wird von HNO-Ärztinnen und Ärzten eingesetzt, um schlimmere chronische Mittelohr-Vereiterungen und ihre Folgen abzuwenden. Paukenröhrchen gibt es in verschiedenen Formen, sodass sie auf den Patienten angepasst werden können.

Symptome: Woran erkennt man eine Mittelohrentzündung?

Zu häufigen Beschwerden von Mittelohrentzündungen zählen:

  • akut auftretende, heftige Ohrenschmerzen
  • starkes Druckgefühl im Ohr
  • "Ohrzwang" - man fasst sich ständig ans Ohr (kommt besonders bei Kindern vor)
  • Fieber
  • gerötetes, gewärmtes Ohr
  • Hörprobleme/dumpfes Hören
  • plötzliche Schwerhörigkeit
  • Ausfluss aus dem Ohr
  • Krankheitsgefühl und Schwäche
  • Schwindel
  • Appetitlosigkeit
  • in einigen Fällen entsteht ein Tinnitus

Behandlung: Was tun bei einer Mittelohrentzündung?

Ein kranker Junge liegt im Bett, trinkt aus einem Glas und hält eine Tablette in einer Hand © Colourbox
Wichtig bei einer Mittelohrentzündung: Bettruhe und viel trinken.

Bei einer akuten Mittelohrentzündung hilft es sich zu schonen - also Bettruhe - und viel zu trinken. Je nach Schmerzen können entzündungshemmende Schmerzmittel helfen und gegen Fieber fiebersenkende Medikamente eingesetzt werden. Ist die Mittelohrentzündung Folgeerkrankung eines Schnupfens oder Atemwegsinfektes können abschwellende Nasentropfen und Nasensprays dabei helfen, die Belüftung insgesamt zu verbessern. Sie sollten aber ohne Absprache mit Arzt oder Ärztin maximal eine Woche angewandt werden, weil es sonst sein kann, dass die Nasenschleimhaut ohne Hilfe nicht mehr abschwillt.

Bei Ohrfluss kann der HNO- oder Hausarzt den Gehörgang mit warmem Wasser spülen. Verbessert sich die Mittelohrentzündung nicht binnen ein bis zwei Tagen oder ist laut Diagnose der Ärztin oder des Arztes klar, dass es sich um eine schwere Mittelohrentzündung handelt, können Antibiotika zum Einsatz kommen.

Wann ist eine Behandlung mit Antibiotika notwendig?

Zum Einsatz von Antibiotika gibt der Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. zu bedenken, dass es auf Basis neuerer Studien zum Behandlungserfolg bei normalem Krankheitsverlauf und gutem Allgemeinzustand empfohlen werde, "nur Kinder unter sechs Monaten sofort mit Antibiotika zu behandeln. Ältere Kinder sollten zwei Tage beobachtet und nur bei andauernden Symptomen oder Komplikationen ein Antibiotikum verabreicht werden".

Werden Antibiotika zur Behandlung der Otitis media eingesetzt, handelt es sich meist um Breitbandantibiotika, oft mit dem Wirkstoff Amoxicillin. Sie schlagen allerdings nur bei Bakterien (nicht Viren) als Auslöser an und auch nur dann, wenn die Bakterien keine Resistenzen gegen das jeweilige Antibiotikum gebildet haben. Sollte das der Fall sein, kann ein Antibiogramm eine Hilfe sein - eine mikrobiologische Untersuchung, bei der mittels Abstrich eine Kultur im Labor angelegt und dann getestet wird, welche Antibiotika die beste Wirkung bei geringsten Nebenwirkungen haben.

In der Regel dauert der Antibiotikaeinsatz etwa eine Woche - um Neubildungen von Resistenzen zu vermeiden ist es wichtig, die Anweisung des Arztes oder der Ärztin zu beachten.

Grundsätzlich gilt: Wer eine Mittelohrentzündung hat, sollte sich schonen, bis die Symptome und die begleitende Atemwegserkrankung vollständig abgeklungen und ausgeheilt sind. Das gilt für Job und für Sport - besonders Schwimmen, Tauchen oder Baden. Wasser im Ohr sollte man vermeiden, bis die Mittelohrentzündung ausgeheilt ist.

Schmerzlinderung mit Hausmitteln

Viele Patientinnen und Patienten empfinden Wärme am Ohr nahe am Gehörgang als vorteilhaft - zum Beispiel in Form von warmen Kirschkernkissen, kleinen Säckchen mit Füllung voller ätherischer Öle wie Kamille oder das berühmte Zwiebelsäckchen. Ebenso angenehm wärmend kann ein Kartoffelsäckchen gegen die Ohrenschmerzen sein.

Wie lange dauert eine Mittelohrentzündung?

Eine Mittelohrentzündung braucht im Normalfall nur wenige Tage, um abzuheilen: Rund 80 Prozent der Patientinnen und Patienten sind in der Regel nach spätestens sieben Tagen frei von Beschwerden. Allerdings hängt es von der meist zugrunde liegenden Atemwegsinfektion ab, ob die Mittelohrinfektion erneut aufflammen kann. Auch eine Mandelentzündung kann oft eine erneute Mittelohrentzündung mit sich bringen oder anheizen.

Ist eine Mittelohrentzündung ansteckend?

Ansteckend ist die Otitis media selbst nicht (Ausnahme: bei Ausfluss aus dem Ohr im Falle einer starken Mittelohrentzündung, auch dann aber unwahrscheinlich). Die meist auslösende Grunderkrankung, also eine Atemwegsinfektion, ist hingegen ansteckend. Hier kann man durch Tröpfcheninfektion andere zum Beispiel durch Niesen oder Husten anstecken.

Risiken: Wer bekommt eher eine Mittelohrentzündung?

Risikofaktoren für eine Mittelohrentzündung sind beispielsweise:

  • Grunderkrankungen wie eine Gaumenspalte
  • Allergien (durch Schwellungen im Atemwegsbereich)
  • ein geschwächtes Immunsystem oder ein medikamentös supprimiertes Immunsystem in Folge einer Therapie
  • Verletzungen des Trommelfells (Einfallstor für Bakterien)

Wiederkehrende und chronische Mittelohrentzündungen

Ein Mann hält sich das Ohr vor Schmerzen. © fotolia Foto: pathdoc
Wer häufig unter einer Mittelohrentzündung leidet, hat ein hohes Risiko für eine Folgeerkrankung.

Wie der Name schon sagt, tritt eine akute Mittelohrentzündung plötzlich auf und sorgt oft binnen Stunden für die typischen Symptome wie Schmerzen und Druck im Ohr. Tritt eine Mittelohrentzündung mindestens dreimal in einem halben Jahr oder viermal im Jahr auf, sprechen Ärztinnen und Ärzte von Wiederkehrender Mittelohrentzündung (rezidivierende Mittelohrentzündung). Bleibt sie bis zu zwei Monaten bestehen, handelt es sich um eine chronische Mittelohrentzündung. Hier ist das Risiko für Folgeerkrankungen wie einen Trommelfellriss oder Komplikationen wie Ausfluss aus dem Ohr besonders hoch.

Warum bekommen Kinder besonders oft Mittelohrentzündungen?

Häufige Mittelohrentzündungen bei Babys und kleinen Kindern haben einen anatomischen Grund: Die Ohrtrompete ist bei Kindern noch nicht vollständig entwickelt, ist also kürzer und breiter als bei Erwachsenen. Dadurch gelangen Bakterien und Viren bei Atemwegserkrankungen aus dem Nasen-Rachen-Raum sehr viel leichter ins Mittelohr als bei Erwachsenen. Außerdem treten Mittelohrentzündungen häufig als Folgeerkrankungen von bakteriellen Infektionskrankheiten wie Masern oder Scharlach auf - und die betreffen typischerweise Kinder.

Komplikationen: Wie gefährlich ist eine Mittelohrentzündung?

Die meisten Mittelohrentzündungen heilen ohne Komplikationen oder Spätfolgen. Es bleiben aber trotzdem ein paar Risiken für schlechte Verläufe: Menschen, die häufig unter einer oder sogar unter chronischer Mittelohrentzündung leiden, haben ein erhöhtes Risiko für Schäden am Trommelfell und Vernarbung des Trommelfells durch kleine Risse. Das wiederum erhöht das Risiko für Schwerhörigkeit.

Insgesamt sind Komplikationen bei einer akuten Mittelohrentzündung heutzutage selten, so der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte. Kommt es jedoch dazu, ist die Mastoiditis eine häufig auftretende Komplikation. Sie betrifft besonders Säuglinge und Kleinkinder. Bei einer Mastoiditis ist der sogenannte knöcherne Warzenfortsatz in unmittelbarer Nähe des Mittelohrs von einer eitrigen Entzündung betroffen. Er ist Teil des Schädelknochens und (wie das Mittelohr) mit Luft gefüllt.

Komplikationsrisiko Mastoiditis - was ist das?

Bei einer Mastoiditis kann die Schleimhaut des Knochens betroffen sein (Begleitmastoiditis) oder der Knochen selbst. Zu den typischen Symptomen der Mittelohrentzündung kommt dann eine starke Schwellung hinter der Ohrmuschel, die durch Gewebeflüssigkeit geprägt ist (ödematös). Eine Mastoiditis muss auf jeden Fall dringend vom Hals-Nasen-Ohrenarzt behandelt werden.

In Folge einer Mastoiditis steigt wiederum das Risiko für eine Hirnhautentzündung (Meningitis) und für eine (seltener) Sinusvenenenthrombose, also die Bildung eines Blutgerinnsels in den großen Sammelvenen des Gehirns. Thrombosen können unter anderem Schlaganfälle auslösen.

Hirnhautentzündung als Komplikation bei Mittelohrentzündung

Eine Hirnhautentzündung ist auch ohne Mastoiditis ein Risiko bei einer schweren akuten Mittelohrentzündung, wenn sich eitriges Sekret gebildet hat. Die Symptome sind leider von denen der klassischen Mittelohrentzündung für Laien kaum zu unterscheiden, denn spontanes Fieber oder Kopfschmerzen, die oft genannt werden, treten auch im Rahmen der Mittelohrentzündung auf. Indizien können noch folgende Symptome sein:

  • Verwirrtheit
  • Unruhe
  • Lichtempfindlichkeit
  • Erbrechen
  • Nackensteife (meist im späteren Verlauf)

Wichtig: Bei Verdacht auf Hirnhautentzündung in jedem Fall einen Arzt aufsuchen. Weiteres Risiko bei einer Mittelohrentzündung ist, dass durch sie der nahe verlaufende siebte Hirnnerv/Gesichtsnerv in Mitleidenschaft gezogen wird, der sogenannte Nervus fascialis. Der Gesichtsnerv ist auch für die Muskeln der Mimik im Gesicht zuständig. Entzündet er sich, kann es zu einer einseitigen Gesichtslähmung kommen (Faszialisparese). Die Antibiotika, die gegen die Grunderkrankung Mittelohrentzündung eingesetzt werden, können auch hier helfen.

Kann man mit einer Mittelohrentzündung fliegen?

Solange die Entzündung nicht chronisch oder sehr schwer ist, ist das Fliegen möglich. Allerdings kann es zu vermehrtem Druck und so zu Schmerzen bei Start und Landung kommen, weil der Druckausgleich durch die Schwellung im Ohr schwerer ist. Helfen können abschwellende Nasensprays oder Nasentropfen, die man vor allem vor Start und Landung nutzt. Gegebenenfalls können auch Schmerzmittel gegen die Ohrenschmerzen helfen. Vor der Flugreise am besten eine Ärztin oder einen Arzt konsultieren.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein-Magazin | 18.10.2022 19:30 Uhr

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