Verengte Halsschlagader erhöht das Schlaganfall-Risiko

Stand: 16.05.2023 10:56 Uhr

Eine Karotisstenose, also eine Verengung in einer der Halsschlagadern infolge von Arteriosklerose, wird oft nur zufällig entdeckt. Dabei kann sie zu einem Schlaganfall führen. Auf diese Warnzeichen sollten Sie achten.

Ab dem 65. Lebensjahr steigt die Schlaganfallgefahr deutlich, denn bis zu 15 Prozent der Menschen in dieser Altersgruppe haben stark verengte Halsschlagadern. Bei mehr als einer Million Betroffenen in Deutschland haben Kalkablagerungen (Plaques) in einer Halsschlagader (Arteria carotis) das Blutgefäß bereits zu mehr als 50 Prozent verengt. Die links und rechts am Hals mit jeweils zwei Ästen (Arteria carotis interna und externa) verlaufenden Halsschlagadern versorgen große Teile des Gehirns mit Blut - und somit mit Sauerstoff und Nährstoffen. Bei einer Karotisstenose besteht die Gefahr eines Schlaganfalls mit möglichen Folgen wie Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen und lebenslangen Behinderungen.

Symptome: Schwindel, Taubheit, Sehstörungen

Arteriosklerotische Veränderungen, also Kalk- und Fettablagerungen an den Innenwänden der Blutgefäße, führen zu einer Verengung der Gefäße. Im Verlauf kommt es in diesen Bereichen zu lokalen Entzündungsreaktionen. Die Gefäßwände können dann einreißen, sodass sich Blutgerinnsel bilden können. Diese verschließen die Blutstrombahn dann eventuell teilweise oder sogar komplett. Lösen sie sich, werden sie ins Gehirn geschwemmt. Bei 20.000 bis 30.000 Menschen pro Jahr verursachen sie so einen Schlaganfall. Frühe Warnzeichen einer gefährlich verengten Halsschlagader können Schwindel, Taubheit und Sehstörungen sein.

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Screening-Untersuchung auf Risikogruppen beschränken

Mit einer Ultraschalluntersuchung, dem farbkodierten Duplex-Ultraschall, lassen sich sowohl der Blutfluss als auch die Gefäßwand beurteilen und die durch Kalkablagerungen entstandene Verengung der Halsschlagader innerhalb weniger Minuten nachweisen. Eine allgemeine Untersuchung (Screening) auf Engstellen ist nach Ansicht von Expertinnen und Experten nicht sinnvoll.

Empfohlen wird ein jährliches Ultraschall-Screening der Halsschlagader ab einem Lebensalter von 65 Jahren, wenn Risikofaktoren vorliegen. Dazu zählen:

Auch Menschen mit einem Bauchaortenaneurysma und natürlich diejenigen, die bereits Schlaganfälle hatten oder solche, die entsprechende neurologische Symptome zeigen, sollten ihre Halsschlagader untersuchen lassen. Dazu gehört vor allem die sogenannte Transitorische Ischämische Attacke (TIA), eine vorübergehende Durchblutungsstörung im Gehirn, die zu Symptomen eines Schlaganfalls führt. Diese bilden sich aber innerhalb von Sekunden oder wenigen Minuten vollständig zurück Auch wenn nach einer solchen Attacke alles wieder in Ordnung zu sein scheint, folgt auf eine TIA nicht selten kurze Zeit später ein schwerer Schlaganfall.

Auch eine zunehmende Demenz (Vaskuläre Demenz) kann durch eine Durchblutungsstörung bedingt sein. Wer wegen einer Herzerkrankung in Behandlung ist, kann die Kardiologin oder den Kardiologen bitten, ebenfalls die Halsschlagader zu untersuchen.

Behandlung der Karotisstenose

Die Behandlungsstrategie verengter Halsschlagadern richtet sich insbesondere danach, ob es bereits zu vorübergehenden neurologischen Ausfallerscheinungen gekommen ist. Aber auch der Grad der Gefäßeinengung und das Alter der Betroffenen spielt dabei eine Rolle. Vereinfacht gesagt profitieren insbesondere gesündere und jüngere Betroffene von einer Operation. Dabei gilt: Umso höher die Stenosen und je ausgeprägter die Symptome, desto größer sind die Vorteile der Operation.

Risikofaktoren reduzieren

Bei allen Betroffenen steht eine konsequente Reduzierung der Risikofaktoren im Vordergrund. Hierzu zählt insbesondere die Behandlung von Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mit Medikamenten. Zudem steht die Veränderung der Lebensgewohnheiten mit der Normalisierung des Körpergewichtes, Nikotinverzicht und ausreichender körperlicher Aktivität im Vordergrund jeder Therapie. Denn Rauchen, Diabetes und hoher Blutdruck verdoppeln das Risiko für die Entwicklung einer Karotisstenose.

Offene OP unter lokaler Betäubung oder Eingriff per Katheter

Geplante Operationen von Karotisstenosen sollten ausschließlich von erfahrenen Spezialistinnen und Spezialisten in ausgewiesenen Fachzentren vorgenommen werden. Patientinnen und Patienten, denen eine solche Operation empfohlen wurde, sollten idealerweise ein zertifiziertes Gefäßzentrum aufsuchen, wo solche Operationen häufig durchgeführt werden. Die Qualitätsergebnisse sind in den öffentlichen Berichten der Zentren aufgeführt und lassen sich für die Entscheidungsfindung nutzen.

Prinzipiell haben sich dazu zwei verschiedene Verfahren etabliert:

  • Offene Operation (Endarteriektomie): Gefäßchirurgen legen die kranke Arterie frei, schneiden sie auf und schälen die Verkalkungen heraus. Ist die Engstelle entfernt, kann das Blut wieder ungehindert zum Gehirn fließen. Das Verfahren ist seit mehr als 20 Jahren bewährt und wird heute bevorzugt in lokaler Betäubung durchgeführt, aber auch eine Vollnarkose ist möglich. Vorteil der lokalen Betäubung ist, dass die Operateurin oder der Operateur einen Schlaganfall oder neurologische Ausfälle während der Operation viel schneller und besser erkennen. Sie können dann sofort reagieren und den Blutfluss wiederherstellen.

  • Kathetereingriff: Bei einem erhöhten OP-Risiko kann über ein Blutgefäß in der Leiste ein Spezialkatheter bis in die Halsarterie geschoben werden, um dort die Engstelle mit einem Ballon aufzudehnen und eine Gefäßstütze aus Metall (Stent) einzusetzen. Er soll ein erneutes Zuwachsen verhindern. Dieses Verfahren wird aber meist nur bei Patientinnen und Patienten angewandt, die jünger als 70 Jahre sind und deren Gefäße noch nicht zu stark verkalkt sind. Denn bei über 70-Jährigen ist die Gefahr groß, dass sich beim Einführen des Ballonkatheters ein Kalkstückchen löst und einen Schlaganfall auslöst.

Die Entscheidung zu einem chirurgischen Eingriff muss sorgfältig abgewogen werden, denn bei beiden Verfahren kann es passieren, dass Teile der Verkalkung ins Gehirn geschwemmt werden und einen Schlaganfall auslösen. Diese Gefahr ist nach aktuellen Studien bei einer offenen Operation aber um etwa 50 Prozent geringer als beim Kathetereingriff, weshalb diese heute als Goldstandard gilt.

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