Stand: 27.05.2016 15:52 Uhr

Wann sind Antibiotika nützlich?

Illustration von MRSA-Bakterien. © fotolia Foto: royaltystockphoto
Antibiotika können die Vermehrung von Bakterien stoppen oder die Keime sogar töten.

1928 entdeckte der schottische Mikrobiologe Alexander Fleming das Penicillin - das erste Antibiotikum - und revolutionierte damit die Medizin. Fortan konnten durch Bakterien verursachte Infektionen wie Milzbrand, Tuberkulose oder Keuchhusten effektiv mit Antibiotika behandelt werden.

Wie nützlich sind Antibiotika?

Doch in den vergangenen Jahren wird das einstige Wundermittel zunehmend infrage gestellt. Einige schlucken es bedenkenlos als Allheilmittel auch bei Virusinfektionen, gegen die Antibiotika nicht helfen. Andere wollen es gar nicht mehr nehmen. Was ist richtig? Soll man Antibiotika nehmen oder nicht? "Nehmen!", lautet die eindeutige Antwort von Prof. Jan Rupp vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. "Es muss aber eindeutig geklärt sein, ob es sich wirklich um Bakterien handelt oder nicht. Als Zweites muss ermittelt werden, um welches Bakterium es sich handelt, damit auch die richtigen Bakterien angegriffen werden und es nicht zu unnötigen Nebenwirkungen kommt."

Nicht der Patient wird resistent, sondern der Erreger!

Zu den Nebenwirkungen zählen unter anderem Verstopfungen und andere Darmprobleme. Die sind darauf zurückzuführen, dass Antibiotika auch Bakterien angreifen, die wir brauchen. "Werden Antibiotika richtig eingenommen, sind sie aber eher nützlich als schädlich", sagt auch der Hamburger Arzt Dr. Johannes Wimmer. Viele Patienten haben allerdings Angst, resistent gegen Antibiotika zu werden. "Das ist ein Irrglaube", so Dr. Wimmer. "Nicht der Mensch wird resistent, sondern der Erreger."

Wie entstehen Resistenzen?

Resistenzen entstehen durch falsche Verabreichung und Einnahme. Um sich zu vermehren, teilen sich Bakterien. Dabei läuft keine Teilung wie die andere ab. Jede Hälfte unterscheidet sich leicht von der anderen. Durch diese kleinen Veränderungen kann es passieren, dass ein Bakterium nach einer Zeit so verändert ist, dass das Antibiotikum nicht mehr wirken kann. Eine Resistenz ist entstanden.

Auf die Behandlung mit Antibiotika reagieren Bakterien gestresst und versuchen gezielt sich zu verändern, um zu überleben. Aus diesem Grund ist es wichtig, konsequent und lange genug mit Antibiotika zu behandeln, um den Bakterien keine Chance zu geben sich anzupassen. Doch gerade durch fehlerhafte und unnötig häufige Anwendung gelingt es immer mehr Bakterien, Resistenzen zu entwickeln. Die Folge: Immer weniger Antibiotika wirken und im schlimmsten Fall entstehen Multiresistenzen, also Bakterien, bei denen gleich mehrere Antibiotika nicht mehr helfen.

Gefahr durch multiresistente Keime

Das bekannteste Beispiel ist der multiresistente Keim MRSA. Zehn Prozent der Deutschen tragen ihn in sich. Das Tückische: Man merkt gar nicht, dass man ihn in sich hat, denn er macht an sich nicht krank. Erst wenn das Immunsystem, zum Beispiel durch eine schwere Erkrankung, geschwächt ist, bricht der Keim aus. Daher ist er vor allem in Krankenhäusern gefürchtet. Tritt dieser Erreger auf, helfen - wenn überhaupt - nur Notfallantibiotika. Diese haben aber oft starke Nebenwirkungen und sind nur für den Ernstfall gedacht.

Um die Ausbreitung multiresistenter Keime zu verhindern, ist es wichtig, auf Hygiene zu achten. Das gilt besonders im Krankenhaus: Dort sollte man sich unbedingt immer die Hände waschen und desinfizieren.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen / Dr. Wimmer: Wissen ist die beste Medizin / 30.05.2016 / 21.00 Uhr

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