Eine Ärztin betrachtet eine Röntgenaufnahme einer Lunge © Colourbox Foto: -

COPD therapieren: So kann Lungentraining helfen

Stand: 14.12.2020 14:03 Uhr

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine der häufigsten Todesursachen - häufiger noch als Herzinfarkt. Für Betroffene ist es wichtig, die Atemhilfsmuskulatur zu trainieren.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO wird die Lungenkrankheit COPD im Jahr 2030 die dritthäufigste Todesursache weltweit sein. Allein in Deutschland leiden derzeit mindestens 2,6 Millionen Menschen ständig an Symptomen wie Husten, Auswurf und Atemnot. Andere Schätzungen gehen sogar von 6,8 Millionen Betroffenen aus. Sie bekommen selbst bei kleinsten Anstrengungen kaum noch Luft, spüren ständig eine Enge in der Brust. Das Atmen fällt schwer, Erstickungsangst beherrscht zunehmend den Alltag. Die Krankheit ist nicht heilbar, die Behandlung zur Linderung der Symptome wird aber immer effektiver.

Ursache der Lungenkrankheit COPD ist meist Rauchen

Die Lungenkrankheit COPD entsteht in den meisten Fällen durch langjähriges Rauchen von Zigaretten. Doch auch andere Schadstoffbelastungen und erbliche Faktoren können zur Entwicklung einer COPD führen. In den ersten Jahren bemerken die Betroffenen die Schäden oft nicht. Doch einmal zerstörtes Lungengewebe kann sich nicht erholen.

Symptome: Bronchitis, Atemnot, Emphysem

Das erste Symptom ist ein scheinbar harmloser Raucherhusten, aus dem sich eine chronische Bronchitis entwickelt. Schließlich verengt die dauerhafte Entzündung die Atemwege so stark, dass eine COPD entsteht. Erkrankte bekommen immer schlechter Luft, die Atmung wird flacher. Frische Atemluft strömt kaum noch nach. Dadurch verliert das empfindliche Lungengewebe an Elastizität und wird überbläht - diese überblähte Lunge wird als Lungenemphysem bezeichnet.

Zwei COPD-Arten mit unterschiedlichem Krankheitsverlauf

Es gibt zwei sehr unterschiedliche Formen der COPD. Neben der Atemnot zeigen sie Krankheitsverläufe mit jeweils anderen Symptomen:

  • Bei der einen Form sind die kleinen Atemwege zerstört, sodass die Lunge nicht mehr genug Sauerstoff ins Blut bringen kann. Betroffene fallen oft durch blaue Lippen und Hände auf, sie leiden an Husten mit viel Auswurf.
  • Bei der anderen Form ist die Lunge überbläht. Betroffene können nicht richtig ausatmen, die Luft staut sich. Deshalb müssen sie zum Atmen besonders viel Muskelkraft einsetzen, erröten dabei und husten meist trocken.

Diagnose: Lungenfunktiontest und Bewertung der Symptome

Oft dauert es Jahre, bis eine COPD erkannt wird, weil viele Betroffene die zunehmenden Beschwerden lange nicht ernst nehmen. Dabei ist eine Abnahme der Belastbarkeit alles andere als normal. Was die Lunge mit zunehmendem Alter an Funktion und Leistung verliert, ist normalerweise kaum zu spüren. Treten also plötzlich Schwierigkeiten beim Treppensteigen, Einkaufen oder ähnlichem auf, liegt das nicht am Alter, sondern meist an einer Erkrankung, die schnellstmöglich behandelt werden sollte.

Wichtig für die Diagnose ist ein Lungenfunktionstest (Spiroergometrie). Dabei wird gemessen, wie viel Luft der Patient innerhalb einer Sekunde ausatmen kann. Anhand des Wertes wurde die Erkrankung bisher in vier Stadien eingeteilt - von einer milden COPD mit kaum spürbarer Atemnot bis zum Endstadium mit Kapazität von weniger als 30 Prozent des Normalwerts beim Ausatmen (Ausatemkapazität).

Die aktuellen Behandlungsleitlinien messen dem Lungenfunktionstest bei der Einteilung der Schweregrade eine geringere Bedeutung zu als früher. Vielmehr bestimmen heute die tatsächlichen Beschwerden die Therapie: Welche Symptome treten auf? Wie belastbar ist der Betroffene? Haben sich die Beschwerden akut verschlechtert?

Therapie: Medikamente, Bewegung, Raucherentwöhnung

Je früher eine COPD diagnostiziert wird, umso eher lässt sich der Verlauf der Krankheit günstig beeinflussen. Die Therapie fußt auf drei Säulen: Medikamente, täglicher Sport und der Raucherentwöhnung mit dem Verzicht auf Zigaretten.

  • Zu den eingesetzten Medikamenten gehören Betamimetika (erweitern die Bronchien) und Anticholinergika (blockieren verengende Mechanismen). Die Medikamente ermöglichen Bewegung, indem sie die Bronchien erweitern und so das Atmen erleichtern. Mit dem Phosphodiesterase-IV-Hemmer Roflumilast lassen sich Entzündungen des Lungengewebes eindämmen.
  • Körperliche Bewegung spielt heute eine wichtigere Rolle als früher. Doch viele COPD-Patienten denken fälschlicherweise, sie müssten sich schonen, weil sie bei Belastung schnell außer Atem geraten. Dabei ist das Gegenteil richtig: Sie müssen ihre Muskulatur trainieren, damit die Luftnot nachlässt. Denn starke Muskeln verbrauchen weniger Sauerstoff.

Kortison wird nur noch bei einer akuten Verschlechterung eingesetzt. Früher dachten Ärzte, Kortison zum Inhalieren würde die Beschwerden lindern. Inzwischen haben aber große Studien gezeigt, dass eine Kombination von zwei die Bronchien erweiternden Medikamenten deutlich wirksamer ist.

Warum ist Lungensport beI COPD so wichtig?

Genauso wichtig wie die Behandlung mit Medikamenten ist bei einer COPD das Training der sogenannten Atemhilfsmuskulatur. In speziellen Lungensportgruppen trainieren Betroffene mit Brustkorbmobilisation, Atemgymnastik und Armarbeit gezielt gegen ihre COPD an. Ohne regelmäßiges Training können COPD-Erkrankte in eine Abwärtsspirale geraten: Weil sie keine Luft bekommen, bewegen sie sich weniger, bekommen dadurch noch weniger Luft und so weiter.

Kosten für COPD-Lungentraining übernehmen Krankenkassen

Das Lungentraining für Menschen mit COPD unterscheidet sich vom Training der Hochleistungssportler nur in der Intensität. Damit die für Herz und Lunge so wichtige Muskulatur wieder stärker wird, müssen Betroffene mit Ausdauer, Kraft und Dehnung an die Grenzen gehen - so gewinnen sie wieder mehr Kraft fürs Atmen. Für den Lungensport können der Hausarzt oder der Lungenarzt ein Rezept ausstellen. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen 50 Einheiten in 18 Monaten oder 120 Einheiten in 36 Monaten.

Nicht zu unterschätzen ist auch die psychische Unterstützung durch andere Betroffene in der Gruppe, denn die seelische Belastung der Atemnot ist beträchtlich, führt mitunter sogar in eine Depression. Hinzu kommen die Probleme des Zigarettenentzugs - auch hier können sich Betroffene gut gegenseitig unterstützen.

Singen kann bei COPD helfen, Schleim zu lösen

Sehr hilfreich im Kampf gegen die COPD kann auch Singen sein. Erkrankte profitieren davon, dass Singen durch die Vibrationen und Atemübungen den Schleim in den Atemwegen löst. Dadurch können Betroffene leichter abhusten, bekommen besser Luft und können auch langfristig besser ausatmen.

Lungenemphysem: Überblähtes Gewebe mit OP entfernen

Bei einem fortgeschrittenen Lungenemphysem sind die Lungenbläschen so überbläht und schlaff, dass sie ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen können. Verlieren ganze Lungenabschnitte ihre Funktion, müssen sie meist in einer Operation entfernt werden, um intaktes Lungengewebe nicht einzuengen. Langfristig benötigen Betroffene oft dauerhaft Sauerstoff und ein Beatmungsgerät für die Nacht. Im Endstadium der Erkrankung bleibt als letzte Option nur noch die Lungentransplantation.

Ventile erleichtern das Ausatmen

Bei einem Teil der Erkrankten mit Lungenemphysem lässt sich das Fortschreiten der Erkrankung durch eine minimalinvasive Verringerung des Lungenvolumens hinauszögern. Die Betroffenen können zwar gut einatmen, aber das Ausatmen fällt ihnen schwer. Die Lunge bläht sich immer weiter auf. Mithilfe kleiner Ventile aus Titan lassen sich die kranken Lungenareale in einigen Fällen entlüften. Die Ventile werden minimalinvasiv mit einem Bronchoskop in die Lunge eingebracht. Der Eingriff dauert nur wenige Minuten. Anschließend sorgt das Ventil dafür, dass beim Einatmen keine weitere Luft in den überblähten Lungenabschnitt eindringt, während beim Ausatmen die darin enthaltene Luft ausströmen kann. Dadurch wird der funktionsuntüchtige Lungenabschnitt immer kleiner, der übrige gesunde Teil der Lunge kann sich wieder ausdehnen und mehr Luft aufnehmen.

Titan-Spiralen: Coils können Lungentransplantation verhindern

Nicht geeignet sind Ventile, wenn die Lungenlappen miteinander verbunden sind. In solchen Fällen kommen wenige Zentimeter große Titan-Spiralen (Coils) zum Einsatz. Sie werden ebenfalls minimalinvasiv eingebracht, funktionieren aber ganz anders: Mit den Coils lässt sich die verlorengegangene Spannkraft der Lungen teilweise wiederherstellen. Und weil sich das Gewebe mit dem Coil zusammenzieht, wird das Lungenvolumen reduziert. Bei Patienten mit fortgeschrittener COPD kann der Einsatz von Coils möglicherweise verhindern, dass eine Lungentransplantation nötig wird.

Ernährung, Übungen, Psychotherapie und Impfung

Im Rahmen der Therapie lernen Erkrankte die richtige Ernährung bei COPD. Außerdem üben sie das richtige Atmen, die sogenannte Lippenbremse und das richtige Abhusten. Dabei kann ein Lungentrainer, ein sogenanntes Cornet, helfen: Das Atemröhrchen löst durch Vibrationen und Druckschwankungen Schleim.

Durch Dehnübungen und Lungensport lassen sich Anfälle vermeiden. Viele COPD-Erkrankte leiden unter depressiven Zuständen und Erstickungsangst, deshalb sollte eine psychologische Betreuung fester Bestandteil der Behandlung sein. An COPD Erkrankte sollten sich unbedingt gegen Influenza und Pneumokokken impfen lassen. Diese Infekte können noch mehr Lungengewebe zerstören. Um ein mögliches Fortschreiten der Erkrankung rechtzeitig zu erkennen, sollten sich Betroffene ein- bis zweimal im Jahr vom Lungenfacharzt untersuchen lassen.

 

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