Sendedatum: 16.06.2015 18:20 Uhr

Hans Schmidt-Isserstedt: Am Anfang eine Ära

von Marcus Stäbler

Am 20. Juni feiert das NDR Sinfonieorchester seinen 70. Geburtstag. Neun Chefdirigenten führten und formten den Klangkörper in dieser Zeit. Die ersten 25 Jahre - eine für heutige Verhältnisse unglaublich lange Ära - stand Hans Schmidt-Isserstedt am Pult des Orchesters.

"Als der Krieg zu Ende war, saß ich mit meiner kleinen Familie bei einem Bauern in der Elbmarsch. Ich wusste nicht, ob ich jemals wieder geholt würde", erzählt Hans Schmidt-Isserstedt, doch dann standen eines Tages ein paar Offiziere von der englischen Besatzungsmacht vor der Tür: "Sie fragten mich, ob ich ein Orchester fürs Radio in Hamburg aufbauen wolle." Die Antwort fiel ihm leicht. Schmidt-Isserstedt, damals 45 Jahre alt, wollte. Also durchstreifte er die Gefangenenlager in Norddeutschland und suchte Musiker für sein Orchester zusammen. "Das Resultat war, dass wir tatsächlich im November '45 bereits unser erstes öffentliches Konzert geben konnten - in der Musikhalle."

Mit prägnanten Gesten und feinem Gehör zum eigenen Klang

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Hans Schmidt-Isserstedt,  Dirigent, geboren am 05.05.1900 in Berlin, gestorben am  28.05.1973 © NDR

Hans Schmidt-Isserstedt und seine frühe Liebe zur Musik

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Der erfahrene Kappellmeister Hans Schmidt-Isserstedt, zuvor unter anderem Generalmusikdirektor der Deutschen Oper in seiner Heimatstadt Berlin, schweißte die einzelnen Musiker schnell zu einem homogenen Ensemble zusammen. Mit klaren, prägnanten Gesten und feinem Gehör formte er einen charakteristischen Klang. "Vielleicht gibt es in den patinierteren Orchestern ein noch idealeres, klassisches Ebenmaß. Aber diese Fülle und diese sinnliche Wärme sind, glaube ich, einzigartig bei diesem Orchester."

Der neu gegründete Klangkörper, der zunächst Sinfonieorchester von Radio Hamburg und bis 1956 NWDR-Sinfonieorchester hieß, erspielte sich schon bald ein internationales Renommee. "Wichtig waren zwei Englandreisen und zwei Parisreisen, die uns in den Vergleich mit allen großen internationalen Orchestern brachten", beschreibt Schmidt-Isserstedt den Weg zum Erfolg.

Gastspiel in der Sowejetunion

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NDR Sinfonieorchester Gruppenbild © NDR

Gastspiel des NDR Sinfonieorchesters in der Sowjetunion

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Außerdem gastierten das NDR Sinfonieorchester und sein Chefdirigent 1961 zwölf Tage in der Sowjetunion - als erstes westliches Orchester überhaupt nach dem Zweiten Weltkrieg. Die umjubelten Konzerte wurden auch von der Presse gefeiert: Die Zeitschrift "Sowjetskaja Kultura" etwa zählte das NDR Sinfonieorchester zu den hervorragenden ausländischen Ensembles.

"Am schönsten machen wir Mozart"

Hans Schmidt-Isserstedt, Dirigent, Geiger, Komponist und promovierter Musikwissenschaftler, prägte das NDR Sinfonieorchester über 25 Jahre. Auch mit seiner Repertoireauswahl. Die Werke der Wiener Klassik bildeten einen Schwerpunkt, ebenso wie das Schaffen von Bela Bartók, Paul Hindemith und Igor Strawinsky. Ein Komponist lag dem ebenso eleganten wie eloquenten Maestro jedoch ganz besonders am Herzen: "Ich weiß nicht, ob es ein rauschender Brahms ist oder ein virtuoser Strauß. Fast möchte ich doch sagen, am schönsten machen wir Mozart."

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Das NWDR Sinfonieorchester und Hans Schmidt-Isserstedt bei einem Konzert in der Laeiszhalle (um 1955). © NDR

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 16.06.2015 | 18:20 Uhr

Moshe Atzmon im Schwarz-weiß-Porträt (Aufnahme von 1973) © NDR Foto: Hans Ernst Müller

Teil 2: Moshe Atzmon 1971-1976

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Orchester und Vokalensemble