US Navy zeigt Flagge in der östlichen Ostsee
Der größte Kampfverband der US Navy seit Ende des Kalten Krieges ist unterwegs in die östliche Ostsee. Experten verstehen das als Zeichen der Unterstützung für das Baltikum und Skandinavien - und als Botschaft der Entschlossenheit gegenüber Russland.
Der Regen hat kurz aufgehört am Dienstagabend gegen 18.15 Uhr - so haben die wenigen Schaulustigen in Puttgarden auf Fehmarn (Kreis Ostholstein) freien Blick auf eine maritime Streitmacht, wie sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr durch den Fehmarnbelt gefahren ist. Die "USS Kearsarge", ein gigantisches Kampfschiff für amphibische Operationen, prescht mit 17 Knoten Fahrt an ihnen vorbei, gefolgt von dem Docklandungsschiff "USS Arlington". Schon am Sonntag war die "Gunston Hall" hier vorbeigekommen.
Tausende US-Soldaten auf drei Schiffen
Insgesamt 4.000 US-Soldaten, Hubschrauber-Piloten, Marine-Infanteristen, Ärzte, Strategen sind auf dem Weg nach Osten. Am Mittwochmorgen gegen 6 Uhr hat der Verband die dänische Insel Bornholm bereits passiert, dann schalten die Amerikaner ihre automatischen Schiffs-Identifikations-Systeme (AIS) aus und sind ohne Weiteres nicht mehr zu orten.
"Kontrollierte Eskalation"
"Eine Botschaft", so nennt Sebastian Bruns das Verhalten der US-Amerikaner, außerdem eine "kontrollierte Eskalation". Sebastian Bruns ist Experte für Marinestrategien und Seestreitkräfte am Kieler Institut für Sicherheitspolitik (ISPK). Es sei sogar eine doppelte Botschaft, meint er: "Zum einen an Schweden und Finnland sowie die baltischen Staaten, dass die USA sie vor russischen Bedrohungen beschützen werden." Zum anderen ist es eine Botschaft an Russland selbst.
Reaktion auf russische Atom-U-Boote in Ostsee
Die russische Marine hatte im Juli zwei ihrer Atom-U-Boote in die Ostsee geholt, übt mit den Einheiten unter anderem vor der russischen Exklave Kaliningrad. Der amerikanische Verband ist eine Antwort darauf. "Eine Flotte ist wie ein Kartenspiel", meint Bruns. "Man zeigt aber nicht nur eine Karte, sondern spielt die ganze Hand." Die Botschaft an Russland bedeutet also, dass die USA die Ressourcen haben - und dazu den Willen, sie auch einzusetzen.
"USS Kearsarge" macht auf dem Absatz kehrt
Erst vor wenigen Wochen war die "USS Kearsarge" zu einem Besuch in Stockholm, wurde dann ins Mittelmeer beordert, machte da aber in der vergangenen Woche kehrt, um in die Ostsee zurückzukehren. "Das ist Teil der neuen Strategie der US-Navy", meint Bruns. "Die Amerikaner wollen weniger berechenbar sein." Das heißt, sie wollen zeigen, dass sie jederzeit reagieren können und werden, wenn sich irgendwo eine potenzielle Bedrohung auftut.
Veränderte Sicherheitslage
Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges hat sich die Sicherheitslage in der Ostsee deutlich verändert. Die baltischen Staaten fürchten, das nächste Angriffsziel Russlands zu werden. Schweden und Finnland sind deutlichen Drohungen von russischer Seite ausgesetzt. Die NATO hat ihre Präsenz im Baltikum deutlich verstärkt, auch auf See ist die Allianz mit einem Flottenverband präsent. Dazu kommen jetzt die Amerikaner.
Bruns geht allerdings nicht davon aus, dass irgendwer Interesse an einer bewaffneten Auseinandersetzung im Ostseeraum hat. Im Hintergrund berichten deutsche Offiziere, dass die russische Marine sehr darauf bedacht sei, keine roten Linien zu überschreiten.
Die "USS Kearsarge" und ihr Verband werden offenbar zunächst die finnische Hauptstadt Helsinki besuchen, um dann mit der finnischen Marine gemeinsam zu üben. In der nächsten Woche wird der US-Verband die Ostsee wieder verlassen, so ist bislang der Plan. Das Ziel danach: unbekannt.