Stand: 12.08.2014 06:00 Uhr

Reetzwang bringt Hausbesitzer in Rage

von Philipp Hennig & Jörg Hilbert

Vor wenigen Jahren hat sich Daniela Lembke einen Traum erfüllt: Sie kauft einen großen Hof in Wobbenbüll in Nordfriesland, sanierungsbedürftig, aber sie will sich Zeit nehmen und das Gebäude nach und nach sanieren. An vorderer Stelle steht das Dach, denn einige Dachbalken sind morsch und die eine Hälfte des Daches ist  undicht. Also beschließt Daniela Lembke einige Balken zu erneuern und anschließend die undichte Seite mit sogenannter "Berliner Welle" neu eindecken zu lassen.

VIDEO: Absurd: Reetdachpflicht am Dorfrand (5 Min)

Doch plötzlich gibt es Ärger mit der Bauaufsicht. Auf dem Kreisbauamt erklärt man ihr, dass sie ihre Pläne so nicht wird durchführen können. Da es sich durch die Erneuerung einiger Balken nicht mehr um eine schlichte Instandhaltung handelt, muss Daniela Lembke ihr Haus gemäß des geltenden Bebauungsplans decken – und der sieht Reet vor, und zwar auf beiden Seiten. Reet ist viel teurer und die zweite Dachhälfte auch noch vollkommen intakt, doch Daniela Lembkes Widersprüche laufen ins Leere.

Reetdach-Pflicht gilt nur für einen Teil des Dorfes

Anwohnerin Daniela Lembke. © NDR
Verzweifelt angesichts der Behördenwillkür: Daniela Lembke.

Der Bebauungsplan der Gemeinde sieht für einen Teil des Dorfes ein Reetdach vor. Das haben zwar noch nicht viele Häuser, doch alle Neubauten oder Umbauten sollen in dieser Zone ein Reetdach bekommen. Einfach, weil es schöner aussieht. Und weil die Gemeinde bemüht sei, die Charakteristik des Dorfes zu erhalten, wie Bürgermeister Reinhold Schaer sagt.

Dabei betrifft die Zone nur ein kleines Gebiet im Dorf und längst nicht alle Dorfbewohner sind gehalten, sich mit ihren Häusern am Erhalt der Charakteristik des Ortes zu beteiligen. Schräg gegenüber von Daniela Lembkes Hof beispielsweise steht das Haus des Bürgermeisters. Es hat ein Ziegeldach und darf dieses auch behalten. Der Reetzwang gilt nämlich nur für einige Bereiche des Ortes, andere sind davon ausgenommen – wie eben der des Bürgermeisters.

Betroffene regen sich auf: "Ich wollte nie in Reet wohnen", schimpft eine Anwohnerin. Und Daniela Lembke hat geklagt. Aber solange das Gericht nicht entschieden hat, darf sie das Dach nicht oder eben nur mit Reet neu decken.

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Panorama 3 | 12.08.2014 | 21:15 Uhr

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