Stand: 23.11.2015 16:11 Uhr

Hassan träumt davon, seine Familie wiederzusehen

von Tobias Hartmann

Wenn Hamsa Mahamed Hassan neben seinen Mitspielern auf dem Fußballplatz steht, dann kann der 36-Jährige abschalten, er kann vergessen, dass seine Familie weit weg ist. Hassan kommt aus Somalia. Er spielt in Lehrte in der Region Hannover Fußball im Team Mandela, der ersten Fußballmannschaft in Norddeutschland, die komplett aus Flüchtlingen besteht und am offiziellen Spielbetrieb in der Kreisklasse teilnimmt. Fünf Jahre hatte er keinen Kontakt zu seiner Frau und seinen beiden Kindern. Er wusste noch nicht einmal, ob sie überhaupt noch am Leben sind. Bis vor wenigen Wochen, da bekommt er über eine Facebook-Bekanntschaft die Telefonnummer seiner Frau heraus. Nun weiß er: Den Kindern und ihr geht es gut. Sie leben in der somalischen Hauptstadt Mogadischu und mussten fünf Jahre lang damit rechnen, dass Hassan seine Flucht nach Europa nicht überlebt hat.

VIDEO: Beim Fußball vergisst Hamsa seine Sorgen (4 Min)

26 Monate in einen winzigen Raum gesperrt

Schon 2007 musste Hassan mit seiner schwangeren Frau und dem ersten Kind aus Somalia fliehen, weil sein Vater sich gegen das Regime aufgelehnt hatte und die ganze Familie verfolgt wurde. Zwei Jahre leben sie unter schwierigsten Bedingungen in einem Flüchtlingslager im Jemen. Dann trifft die Familie die gemeinsame Entscheidung, dass Hassan die Flucht nach Europa alleine probieren soll und seine Familie nachholt, wenn er einen sicheren Platz zum Leben gefunden hat. Über Äthiopien und den Sudan erreicht Hassan nach mehreren Monaten Libyen. Doch gerade, als er ein winziges Schlepper-Boot Richtung Europa besteigen will, schnappt ihn das Militär und steckt ihn ins Gefängnis. 26 Monate verbringt er dort in einem winzigen Raum mit 60 anderen Gefangenen. 2011 kommt er überraschend frei und erreicht schließlich doch noch mit einem kleinen Boot die italienische Insel Lampedusa. Doch der Kontakt zu seiner Familie ist abgerissen. Noch nicht einmal ein Foto von seinen Liebsten ist ihm geblieben.

Italien, Schweiz, Italien, Lehrte

Nach mehreren Monaten in Italien führt ihn sein Weg weiter in die Schweiz, wo er für eine längere Zeit bei einem Verwandten unterkommt. Doch die Schweizer schicken ihn zurück nach Italien, wo Hassan allerdings alles andere als glücklich ist. Er entscheidet sich, seine Flucht nach Deutschland fortzusetzen. 2013 lässt er sich in Braunschweig registrieren und wird von da aus nach Lehrte weiter verteilt. Erst hier, in Lehrte, bekommt er erstmals das Gefühl, willkommen zu sein. Fußball-Trainer Dirk Ewert holt ihn ins Team Mandela. Nur seine Familie, die sucht er auch von Lehrte aus zwei Jahre lang vergeblich. Bis vor wenigen Wochen.

Auf der Suche nach Arbeit

Jetzt, wo er wieder Kontakt zu seiner Familie hat, träumt er davon, Frau und Kinder nach Lehrte zu holen. Doch er weiß, dass das noch ein sehr langer Weg sein wird. Schließlich ist selbst sein Aufenthalt hier in Deutschland im Moment nur befristet. Hassan ist auf der Suche nach Arbeit, um seine Familie in Somalia finanziell unterstützen zu können. Am meisten würde er sich im Moment über ein Foto von seiner Frau und den beiden Kindern freuen.

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Die Schatten einer Frau, eines Kindes und eines Mann vor einer Mauer. © photocase.de Foto: krockenmitte

Fluchtpunkt Niedersachsen - Das Projekt

Niedersachsen - neue Heimat für Tausende Flüchtlinge. Doch wie leben die Menschen hier? Im NDR Projekt Fluchtpunkt Niedersachsen werden die Geschichten von Flüchtlingen erzählt. mehr

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 24.11.2015 | 19:30 Uhr

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