Stand: 31.08.2015 06:00 Uhr

Wie Online-Händler Kunden zum Kauf drängen

Online-Shops setzen psychologische Tricks ein, um Kunden zum Kauf zu bewegen. Wegen des Vorwurfs irreführender Angaben wurde Zalando jetzt abgemahnt. Auslöser waren Recherchen von Markt und NDR Info.

Professor Philipp Riehm
"Verknappung bewirkt bei uns einen emotionalen Druck", sagt Marketing-Experte Philipp Riehm.

Ob Hotel-Reservierung, Flugbuchung oder Online-Shop: Viele Internet-Seiten zeigen potenziellen Kunden bei der Suche nach bestimmten Produkten an, wie groß die Nachfrage ist. "Nur noch wenige Plätze verfügbar" heißt es dann beispielsweise. Oder: "Noch zwei Zimmer frei". Auf den ersten Blick ist das ein netter Service. Aber: "Verbraucher bekommen dadurch den Eindruck, dass etwas weg sein könnte, wenn sie noch zu lange warten", sagt Marketing-Professor Philipp Riehm. "Diese Verknappungsstrategie bewirkt bei uns einen emotionalen Druck, sodass der Verstand in den Hintergrund geschoben wird." Und dann wird eher gekauft.

Abmahnung für Zalando nach Recherche des NDR

Die Verknappung kann aber auch vorgetäuscht sein: Online-Shops suggerieren dann nur, dass ein Produkt bald nicht mehr erhältlich ist. Markt und NDR Info haben beim Versandhändler Zalando die Probe aufs Exempel gemacht. In mehreren Fällen konnten sie mehr Kleidungsstücke bestellen als laut Internetseite verfügbar waren.

Also alles Marketing? Auf NDR Anfrage räumt Zalando ein, dass der Warenbestand aus technischen Gründen nicht in Echtzeit abgebildet werde. Es handele sich lediglich um einen Mindestbestand. Das sei eine "Irreführung der Verbraucher", erklärt Peter Brammen von der Wettbewerbszentrale, die der NDR informiert hat. Die Selbstkontrollorganisation der Wirtschaft mahnt Zalando deshalb ab und droht mit "gerichtlichen Maßnahmen". "Zalando darf nicht mehr mit einem Warenvorrat auf die Seite gehen, der den Tatsachen nicht entspricht", sagt Brammen.

Die NDR-Recherchen und die Abmahnung der Wettbewerbszentrale haben offenbar gewirkt. Auf der Webseite heißt es bei Zalando jetzt "Mehr als drei Artikel verfügbar". Zalando erklärt dazu gegenüber dem NDR: "Wir begrüßen stets einen Dialog mit Verbraucherschutz- und Wettbewerbsinstitutionen, welche ebenfalls einen transparenten Umgang mit Verbrauchern und Kunden verfolgen."

Online alles ausgebucht? Von wegen!

Der Teufel kann aber auch im Detail stecken: Wenn laut Buchungswebsite nur noch ein Zimmer in einem bestimmten Hotel verfügbar ist, beziehen sich diese Angaben möglicherweise nur auf diesen einen Anbieter, der lediglich ein bestimmtes Kontingent an Zimmern vermittelt. Die Stichprobe des NDR zeigt: Bei anderen Anbietern oder direkt beim Hotel können noch viele Zimmer verfügbar sein - unter Umständen auch zu einem günstigeren Preis.

Beim Reservierungsdienst booking.com ist deshalb explizit die Rede davon, dass sich die Verfügbarkeitsangabe nur "auf unsere Seite" bezieht. Das wird allerdings auch erst seit einem verlorenen Prozess so gemacht - und von anderen Anbietern gar nicht.

Ein anderer psychologischer Verkaufstrick von Online-Shops sind Sonderangebote oder Rabatt-Aktionen, die angeblich nur kurze Zeit verfügbar sind, aber in Wirklichkeit immer wieder neu eingestellt werden.

Tipps und Tricks: Datensparsam shoppen

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"Das könnte Sie auch interessieren"

Online-Shops haben außerdem die Möglichkeit, die eingeblendeten Angebote an den jeweiligen Nutzer anzupassen: So können Angebote aus der Nähe angezeigt werden oder solche, die früheren Suchabfragen ähneln. Und wer sich schon einmal für einen Italien-Urlaub interessiert hat, wird beim zweiten Mal vielleicht schwach, wenn er liest: "Das könnte Sie auch interessieren".

"Technisch gesehen ist das trivial", erklärt Andreas Lenz vom Digital-Magazin "t3n". Jeder Betreiber eines Online-Shops könne innerhalb weniger Sekunden analysieren, wie viele Kunden gerade auf der Internetseite umsehen und dementsprechend ihr Angebot anpassen. Der Kunde merkt davon meist nichts.

Nutzer werden durch Datenübertragung identifizierbar

Auch wenn ein Nutzer sich nicht als Kunde registriert hat, kann der Online-Händler erkennen, von wo aus er auf das Internet zugreift, mit welchem Gerät er ins Netz geht und ob er die Seite schon einmal besucht hat. Diese Daten werden automatisch übertragen und können den Nutzer identifizierbar machen, wenn er das nicht durch scharfe Sicherheitseinstellungen und Software-Erweiterungen auf seinem Gerät blockiert.

Es kann deshalb nicht schaden, Preise nicht nur bei verschiedenen Online-Anbietern, sondern auch mit verschiedenen Geräte-Konfigurationen zu vergleichen - zum Beispiel einmal über den Browser am PC und einmal übers Handy. Kehrseite der Medaille: Wer möglichst wenig Daten über sich preisgeben will, muss teilweise auch auf bequeme Funktionen der besuchten Web-Seiten verzichten. Wenn ein Anbieter absichtlich falsche Angaben zur Verfügbarkeit einer Ware macht, lässt sich das aber auch durch Datenschutz-Maßnahmen nicht verhindern.

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Markt | 31.08.2015 | 06:41 Uhr

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