Freiland-Eier häufig eine Mogelpackung
Glückliche Hühner picken Körner auf grünen Wiesen - das erste Bild, das Verbraucher im Kopf haben, sobald sie im Supermarkt zu Freilandeiern greifen. Doch wie viel Freiland steckt tatsächlich im Freilandei? Können Kunden darauf vertrauen, dass in der Freilandpackung tatsächlich Eier von Hühnern drin sind, die sich an der frischen Luft bewegen?
Das Gesetz schreibt vor, dass jede Henne aus Freilandhaltung einen Auslauf von vier Quadratmetern zur Verfügung haben muss. Doch was auf den ersten Blick nach einer tierfreundlichen Maßnahme aussieht, erweist sich im Alltag als Luftnummer. Denn die Auslauffläche kann noch so groß sein, in der konventionellen Landwirtschaft mit Großställen mit mehr als 10.000 Tieren verlassen die meisten Hühner den Stall nicht. Das zeigen auch Luftaufnahmen: Direkt um den Stall herum ist der Boden meist kahl gefressen. Der größte Teil der Fläche dagegen ist grün, weil die Tiere ihn nicht betreten.
Hühner sind Fluchttiere
Für Burkhard Roloff sind Freiland-Eier deshalb eine Mogelpackung: "Das ist für mich nicht Freilandhaltung, das ist Massentierhaltung mit Wiese." Roloff ist Landwirtschaftsexperte beim BUND. Bei fast allen Großställen mit Freiland-Hühnern beobachtet er, dass die Hühner ihren Stall praktisch nicht verlassen. "Den Hühnern müssten Anreize geschaffen werden, dass sie rauslaufen, also es müssten Unterstände gebaut werden und vor allem Hecken, Büsche oder Bäume gepflanzt werden. Das sind Fluchttiere, die haben sonst Angst vor Greifvögeln." Doch solche Maßnahmen verteuern dem Landwirt die Pflege der Freilauffläche - und es ist eben nicht vorgeschrieben.
"Wollen sie das Huhn aus dem Stall rausprügeln?"
Im Laden macht es keinen Unterschied, ob eine Freilandhenne je das Freie betreten hat, oder nicht. "Wollen sie das Huhn aus dem Stall rausprügeln? Das Huhn hat eine Fläche zur Verfügung und diese Fläche nutzt es. Oder auch nicht", argumentiert ein Landwirt aus Mecklenburg-Vorpommern. Dass seine Eier als Freilandeier verkauft werden, auch wenn seine Hennen das Freie so gut wie nie betreten, darin sieht er kein Problem. Aktuell kosten Freilandeier etwa 5 Cent mehr als Eier aus Bodenhaltung.
Silvia Ey vom Geflügelwirtschaftsverband Mecklenburg-Vorpommern verweist darauf, dass Freilandhaltung erst seit wenigen Jahren praktiziert werde. Es sei sehr schwierig, die Hühner über eine große Fläche zu verteilen. Freilandeier seien aber "keine Mogelpackung, sondern ein realistischer Kompromiss zwischen den Wünschen der Verbraucher, ein Freilandei zu kaufen, und der wirtschaftlichen Machbarkeit, Freilandeier in Deutschland zu produzieren."
Freilaufflächen für Hühner gestalten
Dass Freiland-Hühner tatsächlich mehrheitlich nicht im Freien herumlaufen, ist eigentlich seit Langem bekannt. Schon im Jahr 2004 kam eine Studie der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft zu dem Ergebnis, dass nur 5,4 Prozent der Legehennen in Großställen den Auslauf nutzen. Damals gab es allerdings noch nicht die Unterscheidung zwischen "Bodenhaltung" und "Freilandhaltung".
Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bestätigt die Recherchen von Panorama 3. Wie viel die Hühner ihre Freilauffläche nutzen, hänge "von einer Vielzahl von Faktoren" ab. Es sei aber ausreichend, dass die Verordnung "die Verfügbarkeit des Auslaufs ins Freie regelt". Eine Vorgabe, die regele, wie viele Hühner in Freilandhaltung "tatsächlich ins Freie gehen, ist nicht praktikabel". Man arbeite mit den Ländern aber an einer Regelung, damit die Freilaufflächen so gestaltet werden, "dass möglichst viele Tiere auch tatsächlich ins Freie gehen". Die Freilandhaltung wird durch die EU-Verordnung 589/2008 geregelt, doch das Bundesministerium könnte jederzeit strengere Vorgaben auf nationaler Ebene anordnen.