Stand: 10.02.2015 17:00 Uhr

Bund fordert weitere Namen von HSBC-Kunden an

Das Logo der HSBC-Bank. © dpa - Bildfunk Foto: Facundo Arrizabalaga
Die HSBC gerät nach den Swiss-Leaks-Enthüllungen weiter unter Druck

Der Bund möchte weitere Namen deutscher Kunden der HSBC Private Bank von den französischen Behörden anfordern. Das erklärte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums (BMF). Das BMF reagiert damit auf die Berichte von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, nach denen in Deutschland rund 1.000 Namen aus den Swiss-Leaks-Daten nicht angekommen sind. Ein Sprecher erklärte dazu auf Anfrage: "Sofern tatsächlich weitere Daten vorliegen und diese dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) von der französischen Steuerbehörde zur Verfügung gestellt werden, wird das BZSt diese wie üblich an die zuständigen Finanzbehörden der Länder weiterleiten." Einen Zeitrahmen nannte er nicht.

Steuerfahnder: Bei Anfangsverdacht muss ermittelt werden

Weiterhin ebenfalls unklar bleibt, ob in Deutschland Ermittlungen gegen die HSBC-Bank in Genf wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitet wurden. Steuerstrafrechtler Achim Doerfer sagte dem NDR: "Es gibt eine gesetzliche Verpflichtung, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt, dann auch zu ermitteln und wenn solche Daten unterwegs sind, dann auch schon zu sehen, dass man die bekommt."

Länderübergreifende Steuerfahnder-Einheit gefordert

Gleichzeitig werden in Deutschland Forderungen laut nach einer länderübergreifenden Steuerfahnder-Einheit für die Bearbeitung von Datenbeständen oder Liste mutmaßlicher Steuersünder. Der finanzpolitische Sprecher der SPD, Lothar Binding, sagte, er wünsche sich eine "einheitliche Behörde, die grenzüberschreitenden Fällen nachgeht". Die Fahnder profitierten dann von "einer Reihe von Synergieeffekten", weil nicht jedes Bundesland einzeln einer Spur nachgehen müsste, sagte Binding weiter. Ähnlich äußerte sich die steuerpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus. Sie sagte dem NDR, eine zentrale Einheit wäre sinnvoll, "damit in dem Zuständigkeitswirrwarr zwischen 16 Ländern weder Informationen noch Verantwortlichkeiten verloren gehen."

Wagenknecht: Schäuble nimmt Steuerbetrug nicht ernst

Bereits am Montag hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) Ermittlungen gegen die HSBC gefordert. Man müsse "mit der vollen Härte der Abgabeordnung" ein Verfahren gegen die Bank prüfen. Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Sarah Wagenknecht, kritisierte unterdessen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er nähme den Kampf gegen Steuerbetrug nicht ernst, sagte Wagenknecht. "Anders lässt sich nicht erklären, warum das Finanzministerium nicht weiß, was aus der Liste mit deutschen Steuerflüchtlingen geworden ist und warum Deutschland bislang darauf verzichtet hat, gegen Mitarbeiter der HSBC-Bank zu ermitteln."

Weitere Länder ziehen HSBC zur Verantwortung

Das US-Justizministerium intensiviert seine Ermittlungen gegen die HSBC und prüft Anklage gegen die Bank und einzelne Manager. Das berichtet der Guardian unter Berufung auf Justiz-Kreise. Für Europas größte Bank wäre eine Anklage in den USA ein schwerer Schlag; erst 2012 einigte sich die HSBC in einem anderen Verfahren wegen Geldwäsche mit den US-Behörden auf eine Strafzahlung in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar, um die Banklizenz nicht zu verlieren. Bereits am Montag hatte ein belgischer Untersuchungsrichter HSBC-Managern mit Haftbefehlen gedroht.

In Großbritannien wird der Haushaltsausschuss eine eilige Untersuchung einberufen, sagte am Montagabend die Vorsitzende Margaret Hodge: "Wir werden von der HSBC Beweismittel anfordern - bei Bedarf mit einer Anordnung." Der britische Premier David Cameron ist im Zuge der Swiss-Leaks-Affäre in die Kritik geraten, weil er den ehemaligen HSBC-Spitzenmanager Stephen Green zum Handelsminister gemacht hatte, obwohl die Regierung zu diesem Zeitpunkt bereits von den Verfehlungen der HSBC Private Bank in der Schweiz gewusst hat und die Daten vorlagen. Green war 1982 bis Ende 2010 bei der HSBC-Gruppe, zuletzt als Verwaltungsratsvorsitzender. Von 2011 bis 2013 war er Handelsminister der Regierung Cameron. Die britische Regierung bekam die Daten wie auch Deutschland im Jahr 2010. Von rund 1.000 Briten, gegen die ermittelt wurde, ist bislang nur einer angeklagt worden.

Britische und irische Regierungen setzten auf Ex-HSBC-Manager

Der Guardian berichtet in seinen Dienstagsausgabe von einem Buch, das Green 2009 geschrieben hat. Dessen Titel lautet übersetzt "Gute Werte: Gedanken zu Geld, Moral und einer unsicheren Welt". In dem Buch gibt Green, der auch ordinierter anglikanischer Priester ist, Moral-Tipps für Geschäftsleute. Zum Beispiel: "Ein jeder weiß, wie wichtig Vertrauen und Ehrlichkeit für ein nachhaltiges Unternehmen sind",  "eine unbezahlte Schuld bedeutet ein schuldiger Schuldner" oder "als Individuen (…) sind wir für unser Handeln verantwortlich". Im Zuge der Swiss-Leaks-Affäre haben mehrere Medien versucht, Green zu seiner Verantwortung als Ex-Verwaltungsratsvorsitzender der HSBC zu befragen und diese Versuche zum Teil auch dokumentiert. Er lehnte eine Stellungnahme bislang ab.

Auch in Irland ist ein ehemaliger hoher HSBC-Manager in die Regierung gewechselt. Michael Geoghegan war von 2006 bis 2010 Vorstandsvorsitzender der HSBC. Die Swiss-Leaks-Dokumente stammen aus dem Jahr 2007. Von 2012 bis zum vergangenen Jahr fungierte er als Berater mit direktem Zugang zum Finanzminister, obwohl Irland die Daten zu diesem Zeitpunkt bereits kannte. Die Regierungen aus Norwegen, Dänemark und Österreich, die bislang keinen Zugang zu den Swiss-Leaks-Daten hatten, haben angekündigt, Frankreich um die für sie relevanten Einträge zu bitten.

Dossier
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Dieses Thema im Programm:

ARD Sondersendung | 08.02.2015 | 23:05 Uhr

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