Sendedatum: 26.01.2016 21:15 Uhr

RAF: Jagd auf die letzte Generation

von Djamila Benkhelouf und Nino Seidel

Ein Geldtransporter steht in einer schmalen Gasse. Als er losfahren will blockiert ein anderes Fahrzeug seinen Weg, zwei Männer stürmen auf den Transporter zu und schießen aus kurzer Distanz direkt auf den Transporter. Was wie ein Action-Film klingt, zeichnet eine Überwachungskamera vergangenen Sommer in Großmackenstedt bei Bremen auf. Der Überfall misslingt, die gepanzerten Fenster des Geldtransporters halten den Schüssen stand und die Täter flüchten.

VIDEO: RAF: Jagd auf die letzte Generation (5 Min)

Brauchen die Terroristen Geld?

Die Spuren, die sie hinterlassen führen die Ermittler in eine Epoche, die längst beendet schien. Denn sie sollen Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg gehören. Seit Jahrzehnten leben diese drei früheren RAF-Mitglieder wie Phantome. Die ehemaligen RAF-Mitglieder gehören zur so genannten dritten Generation der "Roten-Armee-Fraktion". Kaum jemand kennt die genauen Hintergründe dieser Epoche. Bislang fehlt jede Spur von den aktuell Gesuchten, außer ein paar DNA Spuren. Die haben sie auch bei anderen Raubüberfällen hinterlassen. Offenbar braucht das Trio Geld. Doch diese Überfälle sind weit mehr als skurrile Aktionen von ein paar Terroristen im Ruhestand, denn sie gehen mit äußerster Brutalität vor.

"Bankrotterklärung der Behörden"

Besonders Patrick von Braunmühl schockiert das immer noch. Sein Vater Gerold von Braunmühl, damals ein führender Diplomat, wurde 1986 Opfer der RAF. Zwei maskierte Männer exekutierten ihn quasi vor seiner eigenen Haustür. "Ich finde es eine Bankrotterklärung der Behörden, dass man so gut wie nichts darüber weiß und dass die Täter heute noch bewaffnet rumlaufen", sagt von Braunmühl.

Lutz Gaebel (Staatsanwaltschaft Verden) schaut in die Kamera. © NDR
Lutz Gabel. Leiter der Staatsanwaltschaft Verden.

Wie gefährlich Klette, Staub und Garweg noch heute sind, bestätigt Staatsanwalt Lutz Gaebel aus Verden: "Wir können aus dem Überfall in Großmackenstedt schließen, dass die Täter bereit sind, von Kriegswaffen, über die sie verfügen, jederzeit Gebrauch zu machen", sagt er. Eine heiße Spur zu den Gesuchten fehlt bisher.

Der ehemalige Staatsanwalt und Mitarbeiter des Bundesanwaltschaft, Klaus Pflieger, weiß wie schwierig die Fahndung nach den RAF-Mitgliedern der dritten Generation ist. Ihre Vorgänger konnten die Ermittler durch Fingerabdrücke, Stimmproben und Handschriften überführen: "All das hat die dritte Generation vermieden, wir standen als Strafverfolger immer mit leeren Händen da." 

Und das, obwohl die dritte Generation der RAF immer wieder brutal zuschlägt. Bis heute sind Anschläge und Morde nicht aufgeklärt. 1993 sprengen Klette, Staub und Garweg mutmaßlich ein neu gebautes Gefängnis in Hessen in die Luft - es entsteht ein Sachschaden von 100 Millionen Mark - verletzt wurde niemand.

Letzte Spur stammt aus dem Jahr 1999

1998 löst sich die RAF offiziell auf. Die heute Gesuchten sind da schon untergetaucht. Die letzte Spur von ihnen stammt aus dem Jahr 1999: Bei  einem Überfall auf einen Geldtransporter in Duisburg sollen sie eine Millionen Mark erbeutet haben – danach können sie untertauchen.

Jetzt brauchen die Untergetauchten anscheinend dringend Geld. Das steigert die Aussicht, sie zu fassen, meint Pflieger: "Wir haben, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, bald den nächsten Versuch zu erwarten."

Patrick von Braunmühl
Für Patrick von Braunmühl ist es eine Bankrotterklärung der Behörden, dass die Mörder seines Vaters noch frei herumlaufen

Garweg, Klette und Staub sind die letzten Gesuchten auf der RAF-Fahndungsliste des Bundeskriminalamtes. Für Gerold von Braunmühl wäre ihre Festnahme nicht nur im Sinne der Angehörigen. "Ich finde, es ist auch im öffentlichen Interesse, dieses Kapitel ‚fünfzehn Jahre Terrorismus‘ aufzuklären", so der Sohn der von der RAF ermordeten Braunmühl, Patrick von Braunmühl.

 

Weitere Informationen
Fahndungsfotos der RAF Mitglieder Burkhard Garweg, Daniela Klette und Ernst-Volker Staub.

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Ein fünfseitiges Schreiben der Rote Armee Fraktion (RAF) traf am 13. April 1992 im Bonner Büro der Nachrichtenagentur AFP in Bonn ein. © picture alliance / dpa Foto: Tim Brakemeier

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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 26.01.2016 | 21:15 Uhr

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