Stand: 08.01.2013 00:00 Uhr

Als die Schweden Altona niederbrannten

Ein folgenschwerer Abstecher nach Hamburg

Gemälde des schwedischen Generals Graf Magnus Stenbock. © von Georg Engelhard Schröder.Robi01 at et.wikipedia [Public domain], vom Wikimedia Commons
Graf Magnus Stenbock: Hätten die Altonaer ihn mit viel Geld vom Feuer-Befehl abbringen können?

Der Feldherr lässt sich zum Rathaus kutschieren. Es folgt der nächste Fauxpas: Die Stadtvertreter stellen ihm erst nach langem Hin und Her eine standesgemäße Unterkunft. Dort macht sich der ungebetene Gast frisch - dann wird verhandelt. Die Schweden fordern Geld, wenn sie auf die Zerstörung Altonas verzichten - wie viel sagen sie nicht. General Stenbock fährt kurz darauf ins benachbarte Hamburg. Er trifft sich mit dem schwedischen Gesandten Wellingk. Für Altona wird dieser Abstecher schwerwiegende Folgen haben.

"Vollziehen Sie meine Befehle"

Wellingk erinnert Stenbock wohl nachdrücklich an das dänische Brandschatzen in Stade und fordert Vergeltung. Vermutlich sehen die beiden auch die Chance, durch unbarmherziges Vorgehen in Altona einen viel größeren Geldsack zu schröpfen - nämlich Hamburg. Zurück in Altona legt Stenbock die Karten auf den Tisch: 100.000 Taler "Brandsteuer" - dafür werde die Stadt verschont. Die Altonaer können oder wollen nicht zahlen - höchstens die Hälfte - sagen sie. Nach viel Diskussion, dann Bitten, dann Flehen der Altonaer Deputierten, bricht der schwedische General die Verhandlungen ab. Bevor er die Stadt Richtung Pinneberg verlässt, ruft Stenbock seinen Leuten zu: "Vollziehen Sie meine Befehle!"

Nur die reformierten Kirchen werden verschont

Die ersten Pechfackeln schmeißen die schwedischen Soldaten durch die Fenster des Rathauses. Dann zünden sie die anderen Gebäude am Rathausmarkt an. Straße um Straße arbeiten sie sich vor, bis fast jedes Haus in Flammen steht. Nur die zwei reformierten Kirchen Altonas verschonen die Soldaten. Die städtischen Unterhändler werden verhaftet, und die Schweden bringen sie "zu Fuß hinaus vor die Stadt in das freye Feld / damit sie den Greuel der Verwüstung / so über der Stadt Altona mit Feuer und Brandt zu verüben / beschlossen war / desto schmertzlicher wahrnehmen möchten."

Hamburg hilft den Nachbarn nicht

Modell des Hamburger Millerntores (um das Jahr 1700) im Museum für Hamburgische Geschichte. © NDR Foto: Oliver Diedrich
Das Hamburger Millerntor bleibt den Flüchtlingen aus Altona verschlossen - in der Nachbarstadt herrscht die Pest.

Altonas Einwohner flüchten Richtung Hamburg. Doch die Nachbarstadt bietet ihnen keinen Schutz. Jedenfalls nicht den einfachen Leuten. Hamburg steckt selbst in der Klemme: Zum einen muss man dort eine Pestepidemie eindämmen, und hat die Stadttore seit Wochen verschlossen. Zum anderen will sich die Hansestadt aus dem Konflikt zwischen Schweden und Dänen heraushalten. Das gelingt nicht: Bereits im November 1712 zwang eine dänische Blockade die Hamburger zur Zahlung von 250.000 Reichstalern. Die Schweden verlangen nun die gleiche Summe, weil Hamburg den Kriegsgegner unterstützt habe, wie die Historikerin Kathrin Boyens schreibt. Die Hamburger weigern sich zu zahlen - bis Altona in Flammen aufgeht. Vermutlich war also die Zerstörung des kleinen Altonas auch eine Erpressung des großen Hamburgs.

historischer hintergrund
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Hamburg Journal | 08.04.2015 | 19:30 Uhr

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