Fritz Honka

Der Frauenmörder von St. Pauli

Porträt-Foto Fritz Honka

Tagesschau am 17. Juli 1975: Ein Brand enthüllt das schreckliche Geheimnis von Fritz Honka.

Tagesschau am 17. Juli 1975: Ein Brand enthüllt das schreckliche Geheimnis von Fritz Honka.

Die Entdeckung

3.37 Uhr: Alarm in der Feuerwache Ottensen. Es brennt in der Zeißstraße 74. In nur wenigen Minuten sind die Feuerwehrmänner vor Ort. Im zweiten Stock ist ein norwegischer Seemann, dem der Strom abgestellt wurde, bei Kerzenlicht eingeschlafen. Jetzt brennt es in seiner Wohnung. Die Flammen fressen sich durch die Decke. Auch auf dem Dachboden und in der Zwei-Zimmer-Mansardenwohnung des Mieters Fritz Honka müssen die Feuerwehrleute nach Glutnestern suchen.

Fritz Honkas Wohnhaus in der Hamburger Zeißstraße nach dem Brand

Gerd Mahnke, Feuerwehrmann in Rente: Er löscht 1975 den Brand in der Zeißstraße.

Gerd Mahnke, Feuerwehrmann in Rente: Er löscht 1975 den Brand in der Zeißstraße.

Die Feuerwehr entdeckt in einem Verschlag in Honkas Wohnung eine weitere Leiche und informiert die Polizei. Die Kriminalbeamten hebeln Dielen auf und reißen Wände ein. Am Ende finden sie verweste und mumifizierte Körperteile von insgesamt vier Frauen in den Dachnischen und auf dem Dachboden. Noch während die Polizei in dem Haus ermittelt, steigt Honka die schmale Stiege zu seiner Wohnung nach oben. Er kommt von seiner Schicht als Nachtwächter nach Hause.

Blick auf einen der geöffneten Verschläge in der Wohnung des Hamburger Frauenmörders Fritz Honka

Karl Pries und Jürgen Vierle, ehemalige Mordermittler: Sie sind am Tatort, als Honka nach Hause kommt.

Karl Pries und Jürgen Vierle, ehemalige Mordermittler: Sie sind am Tatort, als Honka nach Hause kommt.

Die Ermittler verhören den 39-Jährigen - stundenlang. Schließlich sagt Honka einem Vernehmungsbeamten, dass er wohl drei Frauen in seiner Wohnung getötet habe. Er könne sich aber nicht daran erinnern. Von einer vierten Toten will Honka nichts wissen. Er gibt jedoch zu, dass er die Leichen beiseite geschafft hat.

Blick auf einen der geöffneten Verschläge in der Wohnung des Hamburger Frauenmörders Fritz Honka

Der Fall elektrisiert die Menschen in Hamburg. Die Presse seziert die Details: "Vier Frauen von Nachtwächter zerhackt", titelt die "Bild"-Zeitung. Und: "Der Massenmörder lebte zwischen Puppen und Pornos". Dazu serviert "Bild" Fotos aus der "Folterkammer des Altonaer Mörders". Noch am Tag der Festnahme des mutmaßlichen Täters sagt Honkas Ex-Frau dem Blatt: "Zutrauen würde ich es ihm schon." Das "Hamburger Abendblatt" berichtet, dass er "grausame Orgien" gefeiert habe. Die "Morgenpost" präsentiert "Das Brett, auf dem Honka die toten Frauen zersägte".

Bei der Festnahme von Fritz Honka in der Gaußstraße in Altona im Juli 1975 umringen Schaulustige das Fahrzeug der Polizei.

Die Opfer

Honka sucht sich einsame Frauen. Sie arbeiten als Gelegenheits-Prostituierte auf dem Kiez. Für ein Getränk sind sie nett zu Männern, für fünf Mark - einen "Heiermann" - gibt es Sex. Einen festen Wohnsitz haben die meist in die Jahre gekommenen Frauen nicht. Oft haben sie ein Alkoholproblem. Als sie verschwinden, vermisst sie kaum jemand.

Porträtfotos von Honkas Opfern: Frieda Roblick, Gertraud Bräuer, Ruth Schult, Anna Beuschel

Die Opfer

Honka sucht sich einsame Frauen. Sie arbeiten als Gelegenheits-Prostituierte auf dem Kiez. Für ein Getränk sind sie nett zu Männern, für fünf Mark - einen "Heiermann" - gibt es Sex. Als sie verschwinden, vermisst sie kaum jemand.

Porträtfotos von Honkas Opfern: Frieda Roblick, Gertraud Bräuer, Ruth Schult, Anna Beuschel

Im "Goldenen Handschuh" (heute auch "Honka-Stube" genannt) schleppt der Wachmann immer wieder Frauen ab. Hier ist Honka Stammgast. "Bring der da mal 'n Drink von mir!", flüstert er dem Wirt zu, wenn ihn eine interessiert. Bei Brause-Korn oder Rum-Cola kommt er mit den Frauen ins Gespräch.

Die Hamburger Kiezkneipe "Zum Goldenen Handschuh". Fritz Honka war hier Stammgast

Jörn Nürnberg, Besitzer "Zum Goldenen Handschuh": Der ehemalige Wirt der Kiez-Kneipe erinnert sich an die Opfer.

Jörn Nürnberg, Besitzer "Zum Goldenen Handschuh": Der ehemalige Wirt der Kiez-Kneipe erinnert sich an die Opfer.

Honkas erstes Opfer ist die 42-jährige Gertraud Bräuer. Sie war mit einer Frau mitgegangen, die seit ein paar Wochen bei Honka hauste. In der Zeißstraße betrinken sie sich Anfang Dezember 1970 gemeinsam. Einem "Dreier" verweigert sich Bräuer. Irgendwann schläft Honkas Freundin alkoholisiert ein. Nun will er Sex mit Bräuer. Als sie sich wehrt, vergewaltigt er sie und stranguliert sie mit einer Gardine. Am 2. November 1971 werden Bräuers abgetrennter Kopf und weitere Leichenteile auf einer Brachfläche in der Nähe seines Hauses gefunden. Den Rumpf versteckt Honka in seiner Wohnung.

Blick auf die Straße mit dem Wohnhaus von Fritz Honka in Hamburg, 2015

Heinz Strunk, Autor und Entertainer: Er hat für seinen Roman ("Der Goldene Handschuh") über den Fall Fritz Honka recherchiert.

Heinz Strunk, Autor und Entertainer: Er hat für seinen Roman ("Der Goldene Handschuh") über den Fall Fritz Honka recherchiert.

Mit einer Säge zerteilt Honka seine Opfer und versteckt sie in den Dachnischen des Hauses. Nach dem Mord an Bräuer dauert es vier Jahre, bis er das nächste Mal tötet. 1974 bringt er Anna Beuschel (54) und Frieda Roblick (57) um, im Jahr 1975 Ruth Schult (52). Den Verwesungsgeruch versucht er mit Klosteinen zu überdecken. Dutzende nach Fichte riechende Steine legt er aus. Die Nachbarn beschweren sich zwar beim Hausmeister und rufen sogar die Polizei. Am Ende schiebt man die Geruchsbelästigung aber auf die ausländischen Hausbewohner: Sie würden immer mit so vielen exotischen Gewürzen kochen.

Die Säge des Serienmörders Fritz Honka

Mit einer Säge zerteilt Honka seine Opfer und versteckt sie in den Dachnischen des Hauses. Nach dem Mord an Bräuer dauert es vier Jahre, bis er das nächste Mal tötet. 1974 bringt er Anna Beuschel (54) und Frieda Roblick (57) um, im Jahr 1975 Ruth Schult (52). Den Verwesungsgeruch versucht er mit Klosteinen zu überdecken. Dutzende nach Fichte riechende Steine legt er aus. Die Nachbarn beschweren sich zwar beim Hausmeister und rufen sogar die Polizei. Am Ende schiebt man die Geruchsbelästigung aber auf die ausländischen Hausbewohner: Sie würden immer mit so vielen exotischen Gewürzen kochen.

Die Säge des Serienmörders Fritz Honka

Der Täter

Gekämmte Haare, sauber rasierter Bart: So kennen die Leute auf dem Kiez und in Ottensen Fritz Honka. Geboren wird er 1935 in Leipzig. Als er fünf ist, schlägt ihn sein Vater fast tot, erinnert sich Honka. Die Mutter ist mit neun Kindern überfordert. Fritz wächst in Heimen auf. Eine Maurerlehre bricht er aus Gesundheitsgründen ab. Ein Selbstmordversuch scheitert. Mit 16 reißt Honka in den Westen aus. Er arbeitet auf Bauernhöfen, bezieht dort oft Prügel. Bei einem Unfall wird Honka schwer verletzt: Ein Auto fährt ihn an. Honkas Gesicht wird deformiert, er schielt stark und kann nicht mehr schwer arbeiten.

Heinz Strunk, Autor und Entertainer: Er hat die Gerichtsakten zum Fall Honka durchgearbeitet.

Heinz Strunk, Autor und Entertainer: Er hat die Gerichtsakten zum Fall Honka durchgearbeitet.

1956 scheint es zunächst eine Wende in seinem Leben zu geben: Honka zieht nach Hamburg, findet Arbeit im Hafen. Er heiratet. Das Paar bekommt einen Sohn. Doch die Ehe ist nicht glücklich: Immer öfter sitzt Honka in Kiez-Kneipen. Seine Frau lässt sich von ihm scheiden - weil er säuft und sie betrügt und schlägt, wie sie sagt. Zwei Jahre später heiraten die beiden erneut. Und lassen sich wieder scheiden. Auch polizeilich tritt Honka in Erscheinung: Er steht wegen versuchter Vergewaltigung vor Gericht. Weil er stark betrunken war, wird er nur wegen Körperverletzung verurteilt. In den Kneipen von St. Pauli fällt er trotzdem nicht negativ auf - im Gegenteil.

Barhocker im "Goldenen Handschuh", der Stammkneipe von Fritz Honka

Jörn Nürnberg, Besitzer "Zum Goldenen Handschuh": Er hat Honka am Tresen bedient.

Jörn Nürnberg, Besitzer "Zum Goldenen Handschuh": Er hat Honka am Tresen bedient.

Das Urteil

Der Mordprozess beginnt im November 1976. Von seinem umfangreichen Geständnis, das er zwölf Tage nach der Entdeckung der Leichen abgelegt hat, rückt Honka in der Verhandlung wieder ab. Er gibt aber weiterhin zu, die Leichen zerstückelt zu haben. Bloß: Warum sollte er die Leichen bei sich versteckt haben, wenn er die Frauen nicht getötet hat? Selbst seine Anwälte gehen davon aus, dass Honka die Frauen erdrosselt hat.

Fritz Honka vor Gericht ( 12.11.1976)

Zu Honkas Verteidigern zählt Star-Anwalt Rolf Bossi. Er will seinen Mandanten für unzurechnungsfähig erklären lassen. Und zwar nicht nur, weil dieser bei den Taten alkoholisiert war. Er arbeitet heraus, dass sich Honka von den Frauen schwer beleidigt und provoziert gefühlt habe, sodass der Mordvorwurf schließlich nur in einem Fall zur Geltung kommt. Bossi betont das trostlose Leben Honkas, der selbst "kaputt gemacht" worden sei, und plädiert auf Unterbringung in der Psychiatrie. Im Urteil vom Dezember 1976 ist von "seelischer Abnormität des Angeklagten" die Rede.

Fritz Honka im Gerichtssaal

Nordschau vom 20. Dezember 1976: Fritz Honka wird verurteilt.

Nordschau vom 20. Dezember 1976: Fritz Honka wird verurteilt.

Das Ende

Honka verbüßt seine Strafe im Hamburger Klinikum Ochsenzoll. Nach 15 Jahren darf er es gelegentlich verlassen, dann wird er auf Probe entlassen. 1996 kommt er offiziell frei. Honka zieht in ein Altenheim in Scharbeutz an der Ostsee - unter dem Pseudonym Peter Jensen. Niemand soll von seiner Vergangenheit erfahren. Doch weil er zunehmend verwirrt ist und sich verfolgt fühlt, muss er zurück in die Psychiatrie. Am 19. Oktober 1998 stirbt Fritz Honka im Alter von 63 Jahren an den Folgen einer Herzschwäche und einer Asthmaerkrankung. Noch lange nach seinem Tod beschäftigt der Fall Honka die Menschen. Viele fragen sich bis heute, warum seine Taten so lange unentdeckt blieben.

Kriminalbeamte führen Honka zum Strafjustizgebäude.

Gerd Mahnke, Feuerwehrmann in Rente: Er denkt noch heute an den Fall Honka.

Gerd Mahnke, Feuerwehrmann in Rente: Er denkt noch heute an den Fall Honka.

Gestank, dessen Ursache niemand erkannte, Frauen, die kaum jemand vermisste, ein Mörder, der neben Leichenteilen lebte: Auch nach 40 Jahren verursacht der Fall Honka Gänsehaut. Das Haus in der Zeißstraße steht noch heute. An die toten Frauen erinnert dort nichts mehr.

Redaktion:

Oliver Diedrich
Hanna Grimm
Dr. Jochen Lambernd (Leitung)
Christian Spielmann (Bildbearbeitung)
Matthias Stepien (Kamera und Schnitt)
Ulrich Smidt (Umsetzung für Shorthand)

NDR.de bedankt sich für die tatkräftige Unterstützung bei der Umsetzung dieser Multimedia-Doku bei den Interviewpartnern sowie bei:

Feuerwehr Hamburg
Feuerwehr - Feuerwache Sasel
Polizeimuseum Hamburg
Staatsarchiv Hamburg
UKE: Medizinhistorisches Museum Hamburg
"Zum Goldenen Handschuh" ("Honka-Stube")

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