Stand: 16.04.2013 16:36 Uhr

Unfall-Gefahr durch Leichtbau-Lkw

von Mareike Burgschat, Philipp Hennig & Jörg Hilbert
Jens Löschke
Vom Sturm im Leichtbau-Lkw überrascht: Brummi-Fahrer Jens Löschke.

Der Sturm kommt plötzlich. Und Jens Löschke merkt, dass sein Lkw wackelt. April 2011, der Brummi-Fahrer ist auf einer Landstraße unterwegs. Er macht sich keine großen Gedanken über den starken Wind von der Seite. Doch dann passiert es: Sein Lkw kippt um - einfach umgepustet. "Das ging alles so schnell, dass ich es gar nicht realisieren konnte. Zum Glück fuhr gerade niemand neben mir, der hätte sonst mit Sicherheit unter dem Laster gelegen."
Sein Laster damals: Ein so genannter "Leichtbau-Lkw". Die sind fast so lang und hoch wie normale Lkw, wiegen aber voll beladen maximal 11,99 Tonnen. Sie bieten dem Wind eine große Angriffsfläche, haben aber kaum Gewicht dagegen zu setzen. Und sie sind bei stürmischem Wetter sehr instabil, da der Hänger nur eine zentrale Achse hat.

VIDEO: Unfall-Gefahr: Fragwürdige Zulassung von Leichtbau-Lkw (7 Min)

Gefährliches Fliegengewicht "Mautkiller"

Immer mehr dieser Fliegengewichte sind auf deutschen Straßen unterwegs. Der Grund: Mit ihnen können die Spediteure die Autobahn-Maut umgehen, denn die fällt erst bei Fahrzeugen ab zwölf Tonnen aufwärts an. Kein Wunder, dass die Leichtbau-Lkw längst einen zweifelhaften Spitznamen haben: "Mautkiller".

Die Bezeichnung wirkt makaber vor dem Hintergrund, dass es bereits einen tödlichen Unfall mit diesen Leicht-Lkw gibt. 2009 wurde ein mit Dämmstoffen beladenes Gespann auf dem Weg nach Sylt vom Autozug geweht. Der Fahrer starb noch am Unfallort. Zugführer und Fahrer hatten nicht bedacht: Obwohl der Lkw voll beladen war, war er zu leicht für die schlechten Wetterverhältnisse. Immer wenn es stürmisch wird, wird es gefährlich: Im Jahr 2012 sind nach Recherchen des Magazins "Fernfahrer" während eines Orkans mindestens 20 dieser Lkw umgefallen.

Enormer Kostendruck

Ein Lkw fährt an einem Maut-Schild vorbei © picture-alliance/dpa Foto: Patrick Seeger
Maut muss für die Fliegengewichte nicht gezahlt werden, denn sie wiegen unter zwölf Tonnen.

Geld sparen auf Kosten der Sicherheit. Denn der Wettbewerb in der Logistik-Branche ist hart. "Spediteure wie Hersteller stehen unter einem enormen Kostendruck. Also sucht man jeden Cent, den man irgendwo sparen kann. Der Sicherheitsaspekt ist da leider zweitrangig", sagt Jan Bergrath vom Magazin "Fernfahrer". Die "Mautkiller" kommen da wie gerufen. Nebenbei: Der Fahrer braucht nicht einmal einen Lkw-Führerschein, um die großen Leichtgewichte zu steuern. Die alte Führerscheinklasse 3 - also für PKW - reicht aus.

Experten fordern seit langem, die Mautgrenze zu senken - unter 12 Tonnen. Dadurch wären die Leichtbau-Lkw keine "Mautkiller" mehr und es gäbe kaum noch einen Anreiz, sie einzusetzen. Doch das Bundesverkehrsministerium lehnt dies ab: "Es ist keine Ausweitung der Mautpflicht, etwa auf Lkw unter 12 Tonnen geplant", heißt es auf Anfrage. In Berlin sieht man keinen Handlungsbedarf. Denn "die Windanfälligkeit von Leichtbau-LKW unterscheidet sich nicht von der anderer [...] Fahrzeugtypen." Der schlichte Appell aus dem Ministerium an die Fahrer: Die Windwarnungen beachten.

Brummi-Fahrer Jens Löschke hat sich seit seinem Wind-Unfall nicht mehr in einen Leichtbau-Lkw gesetzt, dies sei ihm viel zu gefährlich. Er ist umgestiegen. Auf die klassischen 40 Tonner.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 16.04.2013 | 21:15 Uhr