Sendedatum: 11.02.2014 21:15 Uhr

Lkw-Unfälle: Die ignorierte Gefahr des "toten Winkel"

von Linda Luft & Brid Roesner

Lkw-Fahrer sind die "Könige der Straßen". Sie thronen über der Fahrbahn und haben alles im Blick - sollte man zumindest meinen. Doch das ist eine Fehleinschätzung, die immer wieder tödliche Folgen hat. Erst am vergangenen Wochenende überfuhr ein Lkw beim Abbiegen einen Fahrradfahrer in Hannover, vor zwei Wochen erlag eine junge Frau in Hamburg ihren schweren Verletzungen, nachdem ein Lkw sie  beim Abbiegen übersehen hatte.

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Der "tote Winkel"

LKW-Unfälle: die ignorierte Gefahr des "toten Winkel" © NDR
Ein LKW hat inzwischen vier Spiegel auf der rechten Seite, sechs insgesamt. Dennoch haben ein Dutzend Menschen im toten Winkel Platz, die der Fahrer beim Abbiegen nicht sieht.

Schuld daran ist der tote Winkel, der den Lkw-Fahrer fast blind abbiegen lässt. Ein Lkw hat inzwischen vier Spiegel auf der rechten Seite, sechs insgesamt. Dennoch haben ein Dutzend Menschen im toten Winkel Platz, die der Fahrer beim Abbiegen nicht sieht. Immer wieder werden diese Situationen deshalb in den Fahrstunden für angehende Brummi-Fahrer geübt, immer wieder ist es blankes Erstaunen der Fahrschüler, dass sie in den Spiegeln kaum Menschen wahrnehmen. Und es genügt nicht ein Blick. Je nach dem Winkel, in den sie in den Spiegel schauen, sehen die Fahrer einen unterschiedlichen Teil ihrer rechten Fahrzeugseite, das heißt sie müssen immer wieder schauen, ob sich nicht irgendwo ein Fahrradfahrer oder Fußgänger bewegt. Und das bindet einen großen Teil der Aufmerksamkeit und Konzentration, der dann woanders möglicherweise wieder fehlt. 

 

Elektronisches Abbiegesystem

Dabei gibt es eine Abhilfe: Schon  2001 präsentierte der Lkw-Bauer MAN stolz den Prototyp eines elektronischen Abbiegesystems. Kommt ein Passant oder ein Fahrradfahrer dem Lkw zu nah, so warnt der Abbiegeassistent  den Fahrer mit einem Signal. Unfallforscher sind sich sicher, dass mit einem solchen System rund 60 Prozent solcher Unfälle beim Abbiegen zu verhindern sind. Dennoch ist das System bis heute nicht in Serie gegangen.

Um die schwächeren Verkehrsteilnehmer besser zu schützen, schrieb die Politik 2009 den Anbau eines Weitwinkelspiegel vor. Doch auch der beseitigt den toten Winkel nicht, er verkleinert ihn nur. Im April 2012 lud das Bundesverkehrsministerium zu einem runden Tisch. Politik und Industrie waren sich einig: Der automatische Abbiegeassistent soll möglichst zügig eingeführt werden. Die Politik vergab Forschungsaufträge, die Industrie wollte die Weiterentwicklung forcieren. Ein Jahr später wollte man sich wiedertreffen. Doch daraus wurde nichts, der Runde Tisch fiel aus. Begründung des Ministeriums: Die Industrie habe keinerlei neue Entwicklungen zu den Abbiegeassistenten vorlegen können. Wann das System nun kommt, ist also weiterhin völlig unklar.

 

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 11.02.2014 | 21:15 Uhr

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