Stand: 17.05.2016 15:00 Uhr

Abzocke in der Fußgängerzone

von Mareike Fuchs und Linda Luft

Immer wieder sind in den Innenstädten Norddeutschlands Betrüger unterwegs, die vermeintlich für einen wohltätigen Zweck Geld sammeln. Die Methode ist so einfach wie erfolgreich: Scheinbar gehörlose Menschen bitten Passanten um Spenden, auf einem Klemmbrett stehen Informationen über den Zweck der Spende.

VIDEO: Abzocke in der Fußgängerzone (8 Min)

Panorama 3 hat den Selbstversuch in der Hamburger Innenstadt unternommen. Wir setzen uns am Jungfernstieg in Hamburg auf die Stufen und beobachten das Treiben. Nach einiger Zeit steht ein junger Mann vor uns. Er gibt vor, nicht hören und sprechen zu können. Angeblich will er Geld sammeln für ein Zentrum für Gehörlose. Der Zettel wirkt wie eine Unterschriftenliste, es prangt das Logo von Handicap International auf der Liste. Wir unterschreiben. Erst jetzt wird klar: Er möchte eine Spende einsammeln. Wir geben ihm fünf Euro. Doch das ist ihm zu wenig, es sollten mindestens zehn Euro sein. Wir spenden. Der junge Mann steckt das Geld ein und geht zügig weiter zu den nächsten. Auch diese Leute reagieren erst mal freundlich, tragen ihren Namen in die Liste.

Handicap International wehrt sich gegen Missbrauch des Logos

Der Verein, für den die Spenden angeblich gesammelt werden, ist ein seriöser Verein, der sich weltweit um behinderte und benachteiligte Menschen kümmert. Mit den Spendensammlern in den Innenstädten haben sie nichts zu tun. "Die Betrüger gehören nicht zu Handicap International", sagt Eva Maria Fischer, Pressesprecherin des Vereins. Die Betrüger laden sich das Logo des Vereins aus dem Internet und benutzen es. "Wir haben das auch schon oft zur Anzeige gebracht, aber wir haben da keine wirkliche Handhabe gegen", so Fischer.

So spende ich sicher

Skepsis bei grausamen Bildern

Skepsis ist nach Auskunft der Verbraucherschutzzentrale Hamburg angesagt, wenn eine Organisation sich beim Spendenaufruf grausamer und stark gefühlsbetonter, mitleiderregender Bilder bedient. Derartige Vereine seien meist nicht seriös.

Täter arbeiten sehr professionell

Polizist Jürgen Wetzel
Polizist Jürgen Wetzel sagt, dass die Täter bundesweit agieren.

Und bei der Bitte um Spenden allein bleibt es manchmal nicht. Jürgen Wetzel, Polizist in Neumünster, berichtet, dass es auch zu Taschendiebstählen gekommen ist. Das Klemmbrett dient als Ablenkung, und während die Geldbörse geöffnet wird, schiebt der Täter das Klemmbrett über das Portemonnaie und versucht mit der anderen Hand noch weiteres Geld zu stehlen. "Das hat Methode, das sind Leute die sehr professionell arbeiten", so Wetzel. Er geht davon aus, dass die Tätergruppen in unterschiedlicher Besetzung landes- und bundesweit unterwegs sind.

Die Polizei ist gegenüber diesen Tätern oft machtlos. Sie kann den Leuten einen Platzverweis erteilen, aber sobald die Polizei weg ist, kommen sie wieder. Auch die Hamburger Polizei weiß wenig über die Täter, es liegen kaum Anzeigen vor. Viele wissen vermutlich gar nicht, dass sie betrogen wurden.

Weitere Informationen
Spendenbüchse © dpa Foto: Jan Woitas

Kriminelle Vereine - Spendenbetrug leicht gemacht

Etwa 600.000 Vereine gibt es in Deutschland. Viele helfen: Kindern, Tieren, Armen und Alten. Und wer spendet, der tut Gutes. Die Frage ist nur: wem? Einige der sogenannten Hilfsorganisationen lassen einen Großteil des gesammelten Geldes in der eigenen Tasche verschwinden. Für mitleidige Spender ist schwer zu erkennen, ob es sich um seriöse oder kriminelle Vereine handelt. Denn in Deutschland gibt es kaum staatliche Kontrollen. mehr

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 17.05.2016 | 21:15 Uhr