SPD-Kanzlerkandidat Schulz grenzt sich von Junckers Euro-Vorschlag ab

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat trotz mäßiger Umfragewerte seinen Wahlkampfstil verteidigt. Schulz wies im NDR Info-Wahlkampfinterview den Vorwurf zurück, zu harmlos aufzutreten. „Ich habe vom ersten Tag meiner Wahlkampfführung an gesagt, dass man unterschieden muss zwischen Auseinandersetzung in der Sache und Angriffen auf Personen. Diese Verleumdung von Menschen, dieses Herabwürdigen von politischen Wettbewerbern als Feinde – das haben wir bedauerlicherweise schon genug in Deutschland. Ich setze mich mit Angela Merkel als meiner Gegenkandidatin in der Sache auseinander. Ich bedauere ein bisschen, dass Frau Merkel umgekehrt der Sachauseinandersetzung ausweicht. Das werfe ich ihr auch vor. Diese Einlullpolitik, diese Schlafwagen-Mentalität, die sie da um sich herum verbreitet, das halte ich für falsch. Das thematisiere ich auch."

Schulz zeigte im Nachrichtenradio NDR Info Verständnis für die Bedenken baltischer Staaten und Polens wegen der Politik Russlands. Das heute gestartete große Militärmanöver russischer und weißrussischer Truppen an der EU-Außengrenze bereite ihm zwar keine Sorgen. Dennoch sei diese Kraft- und Machtdemonstration ein Teil einer neuen russischen Außenpolitik. „Das ist schon ernst zu nehmen. Und ich finde es deshalb sehr richtig, dass man mit aller Klarheit der russischen Föderation sagt, dass uns dieses Imponiergehabe nicht beeindruckt. Zugleich ist es sinnvoll, Angebote zu machen zum Dialog über Rüstungsbegrenzung und Abrüstung. Eine Aufrüstungsspirale sollten wir uns nicht leisten. Manöver hin, Manöver her.“

Schulz grenzte sich im NDR Info-Wahlkampfinterview vom Vorstoß von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ab, den Euro in allen EU-Ländern einzuführen. Juncker habe zwar das ausgesprochen, was in den EU-Verträgen stehe. „Wir wissen auf der anderen Seite, dass ein Beitritt zum Euro nur möglich ist, wenn die Beitrittskriterien - und die sind sehr hart - erfüllt sind. Und da sehe ich bei einer ganzen Reihe von Staaten die Kriterien in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren nicht erfüllt. (...) Deshalb: Ich verstehe Juncker - aber wir müssen sehr strenge Kriterien anlegen.“

Im Streit mit der Türkei sieht Schulz derzeit keine Grundlage für eine offizielle Reisewarnung. Es sei Sache des Auswärtigen Amtes, dies zu prüfen. „Ich bin mit Sigmar Gabriel da in Kontakt, die prüfen im Moment, welche Stufe der Hinweise gegeben werden kann. Ich glaube, bis zur endgültigen, definitiven Reisewarnung, die ja auch dazu führt, dass der Versicherungsschutz für Reiseunternehmer nicht mehr gegeben ist, bis dahin ist es aus meiner Einschätzung – aber unter Vorbehalt der Prüfung des Auswärtigen Amtes zu früh. Dennoch: Obacht und Fürsorge auch der konsularischen Vertretungen ist gegeben. Denn was da in der Türkei läuft, sind Willkürakte, die man so nicht hinnehmen kann.“ Deshalb sei er auch der Meinung, dass es derzeit keine EU-Beitrittsverhandlungen geben solle.

Der SPD-Kanzlerkandidat verriet im NDR Info-Wahlkampfinterview auch noch, auf was er sich privat nach den Wahlkampfwochen am meisten freue: „Ein richtig schönes Wochenende mit meiner Familie.“

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14. September 2017/ RP

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