Sportclub Story - Die Wasserschlacht

Polens Fußball-Trauma von 1974

Sonntag, 19. Mai 2024, 23:30 bis 00:00 Uhr

3. Juli 1974, 15.30 Uhr: Ein Wolkenbruch macht das Spielfeld im Frankfurter Waldstadion kurz vor dem WM-Halbfinale unbespielbar. 14 Liter pro Quadratmeter. Das Spielfeld ähnelt einer Seenplatte. Eine halbe Stunde später sollen Deutschland und Polen um den Einzug ins Finale spielen.

Noch 50 Jahre später kennt jeder in Polen die Geschichte der Wasserschlacht in Frankfurt. Sie hätten Fußball-Weltmeister werden können. Die Olympiasieger von 1972 waren das beste Team der WM, hatten Italien, Jugoslawien und Argentinien bezwungen. Die Welt war begeistert von ihrem offensiven, technisch brillanten Spiel. Sie galten als Favoriten gegen Deutschland und sind doch in den Fluten des großen Regens untergegangen.

Mit Hilfe von Wasserwalzen und Pumpen versuchten Stadionhelfer und Feuerwehrleute, den Wassermassen Herr zu werden und den Platz wenigstens einigermaßen bespielbar zu machen. Doch ihre Mühen waren vergebens: Der Rasen stand weiterhin knöcheltief unter Wasser, denn es hörte nicht auf zu regnen. Dennoch pfiff der Schiedsrichter die Begegnung mit einer halbstündigen Verspätung an.

Der geniale polnische Mittelfeldregisseur Kazimierz Deyna, damals einer der besten Fußballer der Welt, die technisch hochbegabten und schnellen Stürmer Grzegorz Lato und Robert Gadocha, versuchten vergeblich, ihr Spiel zu spielen. Trotzdem hatten die Polen etliche Großchancen, die entweder der überragende Sepp Maier oder die Pfützen im Strafraum zunichte machten halten.

Gerd Müller erzielte das glückliche Siegtor, Deutschland stand im Finale und wurde kurz darauf Weltmeister. Beckenbauer sagte später, unter normalen Umständen hätten sie dieses Spiel niemals gewonnen.

Mythen von Verschwörungen halten sich hartnäckig, die deutsche Feuerwehr habe nur das Wasser in der deutschen Hälfte abgepumpt und die deutschen Funktionäre hätten sich hinter den Kulissen und aus fadenscheinigen Gründen gegen eine Spielverlegung ausgesprochen. Doch für all das gab es nicht die geringsten Belege. Polens goldene Fußballer-Generation hatte einfach Pech mit dem Wetter.

Redaktion
Marc Hall

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